Beau in der Beautylounge von Nikolas Feireiss

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Das französische Label Regain. aus Castres steht für Tradition und für „made in France“. Ursprünglich ein Unternehmen, das Arbeitskleidung für Feuerwehrmänner oder die Navy gemacht hat, entwickelte es seit 2013 eine high end Kollektion für Männer.
Foto: Anne Combaz

„Echt toll, dass du zur Kosmetikerin gehst, da gehe ich oft hin. Die langen Wimpern würde ich lassen, die sind doch schön. Zu einer Kosmetikbehandlung gehören Gesichtsreinigung und Massage, Peeling, dann werden Pickel ausgedrückt und Mitesser. Geh hin, es ist einfach toll, wie ein Tag am Strand …“ Solche Chats lassen sich auf Beauty-Seiten finden – verfasst von Männern. Hier erkundigte sich einer ganz allgemein, wie wohl ein Besuch in einem Beautysalon abläuft, und wie er speziell mit seinen langen Wimpern umgehen soll. Schnell hat sich eine engagierte Diskussion entwickelt. Fazit: Kosmetik ist super, und lange Wimpern sind es auch. Wenn sie sehr blond sind, rät eine Expertin an anderer Stelle, sollte man sie färben: „Frauen gefallen lange, schöne Wimpern.“ Und auch eine Wimpernkranzverdichtung mit Hilfe von Permanent Make-up ist für Männer im Angebot. Erstere sollte allerdings, so ist zu erfahren, bei Männern nur am Oberlid angewandt werden. Warum, wird nicht erklärt – offensichtlich gibt es eben doch noch kleine Unterschiede. Dafür wird die Haltbarkeit geklärt: Etwa 3-10 Jahre. Und die Kosten: 200 bis 500 Euro.

Harte Schale, weicher Kern

Dass Männer sich gerne mal an den Cremetigeln der sie umgebenden Damen bedienen, ist eine Geschichte mit Bart; und der informierte Mann weiß inzwischen auch, dass Männerhaut dicker und öliger ist und deshalb später faltig wird, dafür aber um so furchiger. Dringend braucht sie deshalb eine andere Pflege, andere Produkte und vor allen Dingen eine andere – maskuline – Verpackung. Mit goldenen Tigeln oder Kristallglas tun sich Männer schwer. Sie plaudern auch nicht gerne am Beautycounter ihrer Wahl und lassen sich informieren, sondern kaufen lieber schnell, scheinbar männlich entschlossen, dabei aber im Innern unsicher. Harte Schale, weicher Kern. Lieber zweimal Geld ausgeben, falls die erste Creme die falsche ist, als sich beraten lassen und damit Unsicherheit und Unwissen zugeben. Typisch Mann. In der Apotheke fragt man schließlich auch nicht laut nach Viagra oder den Kondomen, ein bisschen peinlich ist das nämlich doch noch für Männer mit der Kosmetik, zumindest, wenn es nicht um Rasiercreme, sondern um Augenpflege geht. Anti-Aging kommt den meisten nicht über die Lippen, interessieren tut es sie aber schon. Sie wollen im Büro fit und nach Feierabend für die Dame ihres Herzens gut aussehen.

Ein Wechselbad der Gefühle

Ob Büro oder Dame wichtiger sind, da geben die Statistiken unterschiedlich Auskunft. Fest steht: Männer interessieren sich mehr denn je für ihre Optik. Ihr Kosmetikmarkt ist ein wachsender: Weit über 100 Millionen Euro im Jahr geben sie für ihre Pflegeprodukte aus. ,Aquapower‘, ,Oil Control Hydrator‘ oder ,Wild Life for Men‘, heißen die zum Beispiel. Das klingt nach Freiheit und Abenteuer, nicht nach Wattebausch und Cage aux Folles. Wer mal Männer im Fitnessstudio vor dem Spiegel beobachtet hat, weiß, da wird mit viel Sorgfalt und Liebe gecremt, geföhnt und gestylt. Wenn Mann dann noch den Weg in ein Kosmetikinstitut sucht und findet, ist seine männliche Identität gefestigt und lässt sich durch Dampfbehandlungen, Masken und Augencremes nicht verunsichern. Und, ganz ehrlich gesagt, das sogenannte Ausreinigen, also das Ausdrücken verstopfter Poren und Mitesser, kann ganz schön weh tun. Eine Kosmetikbehandlung ist wie eine gute Inszenierung, ein Wechselbad der Gefühle. Entspannung, Schmerz und zarte Pflege wechseln sich ab, und am Ende hat man das Gefühl, richtig etwas geschafft zu haben, hat de facto aber eine Stunde mit meist geschlossenen Augen auf einer bequemen Liege verbracht.

Mit Bambusdekoration oder klinisch weiss?

Es gibt Kosmetikstudios unterschiedlicher Art: luxuriöse Spas, oft mit exotischem Flair, Bambusdekoration, Wasserschalen und Blütenbecken; sachliche Institute in klinischem Weiss; oder die private Praxis in der Wohnung, in der im Gästezimmer eine Liege aufgestellt ist. Über die Qualität der Behandlung sagt die Umgebung wenig aus. Die Produkte – wer an sie glaubt – machen den Unterschied, danebendie Fertigkeit und die Mentalität der Kosmetikerin, manchmal auch des Kosmetikers. Es ist wie beim Friseur, manch einer genießt es, wenn er plaudern kann, andere sind froh, wenn sie eine Zeit der Stille genieße.Der Autor besuchte eine Zeitlang eine reizende mittelalte Dame. Hinter einem Vorhang, der einen Teil des Wohnzimmers abtrennte, hatte sie ihr „Institut“ eingerichtet, mit allem, was dazu gehört. Nach der Behandlung war das Hautbild zart und babyrosa, die Nerven aber lagen bloß. Die normalerweise einstündige Behandlung dauerte hier rund zwei, so verzweigt waren die Geschichten aus der weiteren Familie und der Nachbarschaft, die der hilflose Patient bewegungslos unter einer immer härter werdenden Algenmaske zu hören bekam. Da kann es schon von Vorteil sein, in einem Kosmetikstudio mit strengem Zeittakt einen Slot zu buchen, auch wenn das in der Regel teurer ist. Für ein optimales Ergebnis und ein entspannendes Erlebnis sollten die Vorstellungen von Kunde und Dienstleister in etwa übereinstimmen. Eine Kosmetikbehandlung sollte Balsam nicht nur für die Haut, sondern auch für die Seele sein. Es gibt zum Beispiel keinen Grund, eine Beautykabine mit Tränen in den Augen zu verlassen. Man muss sich anvertrauen können. Mit Grausen werden hier Erinnerungen wach an die Behandlung durch einen Kosmetiker, äußerlich ein jünglingshafter Engel, der offensichtlich sadistische Neigungen hatte. Nie vorher und nie nachher war das Ausreinigen so qualvoll. Aber das sind Ausnahmen. In der Regel ist das Licht gedämpft, nicht selten wird eine Duftkerze angezündet. Und leider meist eine enervierend beruhigende Meditationsmusik angestellt, die sich aber irgendwann überhören lässt.

Und die Haare?

Ein Thema gibt es noch, das Männer in Schönheitsfragen besonders umtreibt. Die Haare: Sowohl ihre Entfernung auf Brut, Rücken, als auch die Transplantation auf das Haupt. Allerdings, seit der moderne Großstadtmann wieder Vollbart trägt, wird auch in anderen Bereichen nicht mehr so energisch gegen Haarwuchs vorgegangen. Zumindest das Rasieren der Brust, so das Ergebnis einer zugegebenermaßen nicht repräsentativen Umfrage, gilt als einigermaßen verpönt. Man beseitigt Wildwuchs, lässt das Haar aber stehen. Sensibler ist die Frage der Rückenbehaarung. Wächst die sich aus, sind Männer geneigt, Hand anzulegen oder anlegen zu lassen. Aus gutem Grund. Men’s Health alarmiert, dass behaarte Männerrücken ein absoluter Frauen-Alptraum sind, ein Abturner ersten Grades. Was tun – Rasieren, Wachsen, Enthaarungscreme oder Laserbehandlung? Alles hat seine Vor- und Nachteile. Rasiertes Haar wächst schnell nach, Wachsen tut weh und kann genauso wie Enthaarungscremes zu Entzündungen führen. Laserbehandlungen sind effektiv, aber langwierig, und sie garantieren nicht immer optimalen Erfolg.

Beauty-Vorbild Jürgen Klopp

Fazit: Wer schön sein will, muss, zumindest ein bisschen, leiden. Das gilt auch für diejenigen Männer, die sich mehr Haar wünschen, nämlich auf dem Kopf. Jüngstes prominentes Beispiel ist BVB-Coach Jürgen Klopp, der von Schwellungen im Gesicht berichtete, nun aber mit einem neuen Haarschopf glücklich ist. Dass die Geheimratsecken sein eigentliches Problem sind, hat ihm erst der Arzt erklärt. Er vermutete, das lichte Haar am Hinterkopf sei sein Schönheitsmakel. Als weniger gelungene Beispiele für Haarverpflanzungen – für diese Prozedur kann übrigens nur Eigenhaar, meist aus dem Haarkranz, verwendet werden – können wohl Elton John und der britische Fußballer Wayne Rooney gelten. Jürgen Klopp aber sei nun Beauty-Vorbild für Millionen deutscher Männer, schreibt die Bildzeitung. BeautyVorbild? Da tut sich was! Fußballbeau Jogi Löw wirbt sogar für Nivea. Die Männerdomäne Fußball wird vom Marketing geschickt genutzt, um Berührungsängste „echter Männer“ vor gepflegter Schönheit abzubauen. Die gute Nachricht also ist: Männer machen sich hübsch und riechen besser denn je. Die schlechte: Sie unterliegen immer mehr dem gleichen Schönheitsstress, den bislang nur die Damen kannten. Ober-Ästhet und Trendsetter Tom Ford bringt im Herbst eine Kosmetiklinie für Männer heraus, inklusive Schlammmaske, Concealer gegen Augenringe und Bronzing Gel. Jean Paul Gaultier hat Lippenstift und Puder „für ihn“ im Angebot. Das Abschminken könnte demnächst also etwas länger dauern. Längst laufen übrigens auch männliche Magermodels über die Laufstege. Da sieht man es wieder: Nicht zwingend ist Gleichberechtigung ein Gewinn.