Besser Griller

Dass Freunde zu Foodies geworden sind, erkennt man an einer nicht enden wollenden Flut von Instagram posts mit auf das allerhübscheste angerichteten Speisen der feinsten Art. Foodies sind Menschen, bei denen laut Wikipedia „der Konsum von als „gut“, „authentisch“ oder „hochwertig“ eingeschätzten Speisen und Getränken eine hohe Bedeutung hat.“ Zu Spaghetti mit Tomatensauce und einer Schorle lädt man zu Foodies mutierte Freunde besser nicht mehr ein. Selbst beim sommerlichen Grillabend, eigentlich doch eine rustikale Angelegenheit, sollte jetzt das Filet vom Bioschwein im Salbei-Schinken-Mantel mit Pflaumen-Dip serviert werden, dazu Craft Beer aus der Holzfasslagerung. „Tapas vom Grill“ oder „Gegrillte Wassermelone mit Bacon“ sind Rezepvorschläge für’s Hors d’oeuvre , die beweisen, dass auch das Grillen ein Thema für Besser-Esser ist, die mit ausgefeilten Rauch-Aromen und immer anspruchsvolleren Grillgeräten experimentieren. Der Weg dahin war lang. Als der Homo erectus lernte, Feuer zu entfachen, sich ums Lagefeuer scharte und Fleisch auf Stöcke spießte, hätte er sich nicht im Traum vorstellen können, dass es ein world wide web genanntes Medium geben wird, in dem nach Eingabe der Wortes „Grillspaß“ in weniger als einer Sekunde 110.000 Beiträge zum Thema zu finden sind.

Foto: Eva Solo Gasgrill

 

„Schon mal was von Niedrigtemperatur grillen gehört?“

Weniger im Feuerschein als vielmehr bei Licht betrachtet, könnte man allerdings durchaus zu dem Schluss kommen, dass unsere Vorfahren, die wohl vor etwa 1.5 Millionen Jahren mit dem „grillen“ begannen, selbst die ersten Foodies waren. Die Zubereitung von Nahrung über dem Feuer bedeutete doch eine beträchtliche Bereicherung und Verfeinerung des Speiseplans. Diese ersten Köche waren also Trendsetter eines für ihre Nachfahren unverzichtbaren Freizeitvergnügens, das eben gerade, weil es an archaische Zeiten erinnert, sich großer Beliebtheit erfreute. Tempi passati. Beliebt ist das Grillen zwar immer noch, aber wer die Grillwurst oder das Nackensteack  am Feierabend mal schnell auf den Rost werfen will, kann sich unversehens hochnotpeinlichen Fragen ausgesetzt sehen. „Wäre indirektes Grillen nicht besser. Ich sage nur Krebsgefahr?“ Und der neue Nachbar ist, wenn er sich schon nicht vegan ernährt, eventuell doch ein Foodie mit Gewissen und möchte erfahren, ob das köstliche Stück Fleisch da auf dem Grill einmal als glückliches Schwein im Umland lebte. Manchmal hakt er auch nach: „Wie wurde es eigentlich ernährt?“ oder fachsimpelt „schon mal was von Niedrigtemperatur grillen gehört?“ Das sind so Fragen, die, je nach Temperament und Geisteshaltung, entweder zu angeregten Gesprächen oder betretenem Schweigen führen, während die Holzkohle zu glühen beginnt. Anhand der Geschichte des Grillens könnte man fast eine Geschichte der Zivilisation schreiben. Beim Smart Grill lässt sich die Temperatur natürlich über eine App mit dem Handy steuern.

Lagerfeuerromantik machte einmal den Reiz des Grillens aus

Eine deutliche Verfeinerung der Grillkultur stellen auch die sogenannten Barbecue Smoker dar. In ihnen wird Fleisch in heißem Rauch gegart oder geräuchert. Pizzasteine, die auf dem Grill erhitzt werden, sind ebenfalls en vogue. Auch hier besteht die größte Kunst darin, die Temperatur zu regulieren. Wenn das gelingt, spricht nichts dagegen, die Pizza mal nicht in den Ofen zu schieben. Ob die Grillvariante  tatsächlich eine geschmackliche Verbesserung bedeutet sei dahingestellt, Das „Churrasco“, der lateinamerikanischen Art, Fleischspieße über offenem Feuer zuzubereiten, erinnert an die Lagerfeuerromantik, die einmal den Reiz des Grillens ausmachte. Grills mit automatischem Drehspieß erzeugen geschmacklich ein ähnliches Ergebnis, vertreiben aber die Romantik und sind trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – sehr gefragt. Schließlich minimieren sie die Gefahr, dass Fleisch zu verbrennen – Krebsgefahr!- und haben eine Anmutung von High-Tech. Der Mann am Grill, meist ist Grillen ja doch Männersache, wandelt sein Image. Er wird vom Abenteurer zum Programmierer, ist ein Grill-Nerd mit Gourmetanspruch. Als ob unser Leben nicht schon komplex genug wäre, muss sich der ambitionierte Griller, selbstverständlich gerne auch die Grillerin, ins Thema einarbeiten. Allein die Entscheidung zwischen Holzkohle, Gas oder Pellets kann zermürbend sein. Und dann gibt es Pellets, aus Spänen gepresste kleine Sticks, auch noch in den unterschiedlichsten Aromen, etwa Kirsche, Apfel oder Eiche. Was passt zu welchem Grillgut? Darüber lässt sich lange philosophieren, bevor das erste Pellet auch nur glimmt. Wie beim Gasgrill wird auf dem Pelletgrill indirekt gegart, weil zwischen Brenner und Grillrost in der Regel noch ein Hitzeschutzblech und eine Fettablaufpfanne liegen. Pellet- und  Gasgrills sind vergleichsweise unkompliziert in der Handhabung und garantieren konstante Hitze. Kein uninteressanter Vorteil: Stichwort „Niedrigtemperaturgrillen“. Eine Luxusvariante des Pelletgrills ist mit Grill, Smoker, Beefer Pizzaofen und  automatischer Temperaturregelung ausgestattet, funkgesteuerte, batteriebetriebene kabellose Fleischthermometern zeigen gradgenau den Garzustand des Fleisches an.

Die Natur wird gewissermassen möbliert

Selbstverständlich ist das Gerät auch selbstreinigend. Das so ein High End Produkt kein Schnäppchen ist, versteht sich von selbst.  Mit einem Klick im Onlineshop erwirbt man es für um die 4.000 Euro. Diese Grills bedeuten den kompromisslosen Abschied vom  „Offenen-Feuer-Feeling“,  Gasflasche oder Stromanschluss sind Voraussetzung für ihren Betrieb. Das ist allerdings das geringste Problem, wir leben doch im 21. Jahrhundert. Nicht in der Steinzeit. Gott sei Dank. Wer doch noch ein bisschen, aber wirklich nur ein bisschen, Fred Feuerstein spielen möchte, kann sich einen Lotus Grill anschaffen. Er wird mit Kohle beheizt, die Glut aber mit Hilfe eines integrierten batteriebetriebenen Lüfters andauernd mit Frischluft versorgt. Da er rauchfrei ist, droht mit dem Lotus Grill also auch kein Ärger von den veganen Nachbarn auf dem Balkon nebenan.
Das upgrade der Grillkultur ist im Zusammenhang mit einer neumodischen Bewegung zu sehen, die es ins Grüne drängt, aber auch im Garten oder auf der Terrasse den Komfort der Wohnung nicht vermissen möchte. Trend ist das Wohnzimmer, inclusive Sofa, Sessel, Teppich und Stehlampe – das gesamte Mobiliar gibt es wetterfest und UV-beständig – nach draussen zu verlegen. Die Natur wird gewissermassen möbliert. Ganz klar, dass da der Wunsch nach eine Outdoorküche ganz schnell reift. Der Trend zu offenen Küche, in der der Koch nicht einsam im Topf rühren muss, während die Gäste am Esstisch nebenan, schon fröhlich anstossen, wird in den Garten übertragen. Die Outdoor Küche ist selbstverständlich mit einem Grill ausgestattet, aber eben auch mit Kochstelle und der Möglichkeit einen Wok einzusetzen, dazu Spülbecken, Arbeitsflächen und Stauraum. Das lässt den alten Gartengrill, und sei er auch fest installiert, ziemlich oldfashioned aussehen. Und den Mann oder die Frau dahinter leider auch. Nicht auszuschließen, dass eine Nostalgiewelle bald wieder Lagerfeuerromantik hip macht. Das Grillen hat seine Unschuld trotzdem verloren. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Der Grill der Zukunft wird vom Smartphone entzündet. Push Nachrichten schickt er übrigens auch. Das sollte, last but not least, nicht unerwähnt bleiben.