Brief aus Berlin – November 2013

Foto: Valeria Mitelman

Foto: Valeria Mitelman

Bei Geschenken geht es darum, dass sie von Herzen kommen, nicht, ob sie lifestylemäßig angesagt sind. Nun schließt das eine das andere natürlich nicht aus. Gerade dann, wenn man sich in Berlin auf die Suche macht. Es ist in letzter Zeit viel vom „Erbe einer Marke“, ihrer „DNA“, die Rede. Gemeint ist – wenn man es poetischer formulieren möchte – wohl ihr Herz, das, wofür sie steht. Nicht ist herzerfreuender als ein Mensch, ein Geschenk, als eine Stadt, die ungekünstelt sind, was sie sind. Deswegen ist auch Berlin an sich ein Geschenk für seine Besucher, für viele Menschen, die hier leben und erleben, wie eine Stadt innerhalb weniger Jahre erwacht ist, aufgeblüht ist, auch ihr Gesicht verändert – nicht jedem ist das recht – und doch bleibt, was sie ist: ein offener, grüner, aufgeschlossener und ein für eine Großstadt erstaunlich entspannter Ort, der den unterschiedlichsten Lebensentwürfen einen Platz gibt. Es scheint, als hatte Berlin schon immer so eine Qualität, wenn die Zeitläufe es erlaubten. Nicht umsonst war sie in den Zwanzigern eine kulturelle und intellektuelle Metropole, eine Stadt, in der das Leben in jeder Beziehung brodelte. Etwas davon ist wieder zu spüren und, das ist so beruhigend: Niemand hört im Hintergrund braune Massen aufmarschieren. Damit dieses neue Berlin sich weiterentwickelt und bleibt was es ist, sind Sie, unsere Gäste, unverzichtbar. Sie bringen neue Impulse, geben der Stadt Internationalität, und ja, man kann das offen sagen, sie geben ihr Geld hier aus und machen eine arme Stadt ein bisschen wohlhabender.
Sie haben sich die Vorweihnachtszeit ausgesucht, um uns zu besuchen und sind vielleicht auch auf der Suche nach dem einen oder anderen Geschenk. Das sollte kein Problem sein, was aber Ihnen empfehlen? Zuerst einmal etwas Luxus. Am Kurfürstendamm 188-189 (Eingang Schlüterstraße) hat gerade ein Agnona-Geschäft aufgemacht. Dessen Inhaberin Elke Brämer war Chefeinkäuferin im legendären Modetempel Kramberg, noch zu Berlins Mauerzeiten, später dann im noblen Quartier 206. Wenn Sie eine Frau treffen wollen, die etwas über Berlin weiß und modisch schon immer international unterwegs war, dann hier. Nach vielen Jahren des Reisens konzentriert sie sich auf dieses besonders schöne Luxuslabel, das durch seine Kaschmirprodukte bekannt wurde. Das Geschäft ist nicht nur wegen Elke Brämer „berlinerisch“, Agnona selbst ist neuerdings mit Berlin verbunden, weil gerade Stefano Pilati (vorher Chefdesigner bei Yves Saint Laurent) zum neuen Kopf des Labels geworden ist. Er hat ein Domizil in Berlin.
Kulissenwechsel: vom alten Westen in den tiefen Osten. Die Studio Galerie (Frankfurter Allee 36a) empfehlen wir nicht deshalb, weil sie sie eine Lifestyle-Oase wäre, sondern, weil es hier irgendwie noch ein bisschen ist wie im alten Berlin. Nicht stylish, aber kuschelig. In der Studio Galerie gibt es zeitgenössisches Kunsthandwerk, insbesondere Schmuck, Keramik und Grafik – seit 35 Jahren, also schon als es noch die DDR gab. Galerieleiterin Gisela Frischmuth besetzt mit ihrer Galerie eine Nische, in der sie Kunsthandwerkern eine Plattform bietet. Schön ist besonders auch die Auswahl an Keramiken der legendären Hedwig Bollhagen, die sich unbedingt als Geschenk anbieten. Mitten in Mitte, in den Straßen um den Hackeschen Markt, war die Rosa-Luxemburg-Straße lange etwas außen vor. Man hatte den Eindruck, sie läge vielleicht genau die eine Ecke zu weit, war vielleicht zu breit, warum auch immer, sie war jedenfalls nicht Teil des Hypes. Das hat sich geändert, Sie finden dort nun gleich eine ganze Reihe von Geschäften nebeneinander, die sich perfekt eignen, um Geschenke zu finden. In der Papeterie luiban (Rosa-Luxemburg-Straße 28) zum Beispiel gibt es eine geschmackvolle Auswahl rund um das Thema Büro und Papier: Lederetuis, Büroklammern in Form kleiner Hunde oder Fische, Origamipapier, Füllfederhalter und vieles mehr. Bei Rike Feurstein gleich nebenan kann man Mützen und Hüte für Sie und Ihn und jede Gelegenheit von sportlich bis festlich ausprobieren und natürlich kaufen. Kosmetik und Düfte eignen sich ebenfalls bestens als Geschenk. Deshalb also gleich eine Tür weiter rein zu Breathe. Dort erwartet Sie eine Auswahl ganz besonderer Kosmetika und Parfums, die es nicht an jeder Ecke gibt, die dazu frei sind von chemischen Zusätzen und hergestellt ohne Tierversuche. Für Männer wäre der Duft „Ormonde Man“ eine Empfehlung, ein holziger Oud-Duft, den auch Bryan Ferry oder Will Smith zu schätzen wissen. Bei Fischer & Trierweiler (Rosa-Luxemburg-Straße 16) können Sie sich, wenn Sie etwa mehr Zeit in Berlin verbringen, einen Lampenschirm anfertigen lassen oder auch ein Möbelstück. Gleich zum Mitnehmen gibt es feines, altes englisches Silber, Becher, Besteck, klassizistische Teekannen. Dazu Porzellan von Wedgwood ab etwa 1820 in Formen und Farben, die es mit Sicherheit in Berlin sonst nirgendwo und selbst auf der Insel kaum noch gibt. Exklusiv in Berlin finden sie dort das „Berliner Licht“, Glühlampen für Kronleuchter in Form von Kerzen, die flackern und einer echten Kerze ziemlich nahekommen. Inhaber Uwe Trierweiler ist ein Freund preußischer Schlösser und Landhäuser. Zu guter letzter also noch ein Tipp, wenn Sie sich mal wie eine Prinzessin fühlen möchten und/oder noch für die Ballsaison, Weihnachten oder Silvester ein festliches Kleid suchen. Das Second Hand Geschäft Sterling Gold (Oranienburger Straße 32  10117 Berlin) ist eine wahre Fundgrube für Abend- und Cocktailkleidern aus den 40er bis 80er Jahren.