Der „Winter-Garten“ erinnert an ein Bild. Der Genuss besteht in der Regel ja weniger darin, sich im Winter im Garten aufzuhalten, als ihn von drinnen – gerahmt durch ein Fenster – zu betrachten. Der Winter stellt den Gärtner also vor besondere Herausforderungen. Zwischen Dezember und März liegt das kleine Paradies quasi nackt und skelettiert in seiner Struktur vor uns. Es geht jetzt nicht um das Farbenspiel der Blüten und deren Abfolge, kurz um den Blütenrausch. Wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben und die Stauden Winterschlaf machen, wird der Blick auf schöne Details gelenkt, etwa auf die roten Beeren eines Schneeballstrauches, auf Hagebutten an Wild- und Strauchrosen oder kleine Zieräpfel. Auch architektonische Elemente, eine Skulptur, der romantische Rosenbogen, schön gepflasterte Wege und Blickachsen zeigen auf den ersten Blick, ob der Garten ein Zufallsprodukt ist, oder ein Kunstwerk. Natürlich, ein Garten ist immer angelegte Natur – auch der wildeste Naturgarten muss gepflegt und bearbeitet werden, sonst verwandelt er sich in kurzer Zeit in Wildnis. Ein erster Trick für einen schönen “Winter-Garten“ lautet aber: Im Herbst bitte nicht zu viel aufräumen! Viele Gräser und abgeblühte Stauden können problemlos erst im Frühjahr geschnitten werden. Im Winter entfalten sie, bedeckt mit Raureif oder Schnee, einen ganz besonderen Reiz. Die Blütenstände von Rudbeckie, Brandkraut oder Hortensien, um nur einige Beispiele zu nennen, sind im Winter eine Zierde. Apropos Aufräumen, ein bisschen Laub auf den Beeten und unter Bäumen bietet Mikroorganismen und andere Tieren Unterschlupf und wird im Laufe der Zeit zu Dünger. Es tut winterlicher Schönheit keinen Abbruch. Immergrüne Pflanzen gehören dagegen sogar zwingend zu ihr. Rhododendron, Buchsbaum, Kirschlorbeer, Bambus, fast alle Nadelgehölze, erinnern daran, dass es in nicht allzu ferner Zukunft wieder grünt und blüht. Der mit Efeu berankte Sichtschutz ist im Winter zum Beispiel deutlich schöner, als wenn blattloser wilder Wein an ihm wächst. Formgehölze wie Buchsbaum, Kiefer und Eibe in geometrische Formen oder Kugeln geschnitten, kommen im Winter-Garten unter einer Schneedecke schön zur Geltung, besonders dann, wenn man sie formal in Gruppen oder Reihen pflanzt. Als Topflanzen können sie auf der Terrasse, dem Balkon oder eben im Garten auch immer dahin gerückt werden, wo der Blick im Winter ins Grüne fallen soll. Als Hintergrund für immergrüne Pflanzen eignen sich übrigens Buchenhecken ideal. Zu dem warmen rotbraunen Farbton ihrer langhaftenden Blätter bilden sie einen dekorativen Kontrast.
Das Weiß der Birken soll noch weißer leuchten
Ein Garten im Winter
Foto: BGL.
Ein anderes wichtiges Gestaltungselement im Winter-Garten sind auffällige Baumstämme und farbige Zweige. Der Zimtahorn etwa – seine Rinde erinnert an getrockneten Zimt – ist eine typische Winterschönheit. Der Kontrast zwischen dem glatten Stamm und der alten, in Streifen abgerollten Rinde macht den Baum besonders und kommt jetzt gut zur Geltung. Auch sein Verwandter, der Schlangenhautahorn mit der längsgefärbten grünlichen Rinde wird oft erst bemerkt, wenn es ringsherum grau aussieht. Auch Birken mit ihren weißen Stämmen haben jetzt ihren großen Auftritt. Die Engländer, berühmt für ihre Gartenkunst, sollen die Stämme sogar abschrubben, damit das Weiß noch weißer leuchtet. Eine Himalaya Birke, vor eine immergrüne dunkle Kiefer gepflanzt, schmückt den Garten ungemein. Um den Korb-Flügel-Spindelstrauch auszusprechen, müssen auch geübte Gärtner Anlauf nehmen. Hier ist mal die lateinische Bezeichnung ‚Euonymus‘ einfacher. Der Euonymus erfreut zuerst mit wunderschöner Herbstfärbung, danach kommen dann die kantigen, mit Korkleisten besetzten grau-grünlichen Zweige zum Vorschein. Ein Strauch, der als Solitär gesetzt werden sollte, am besten so, dass man sich an ihm vom Wohnzimmer aus mit einer Tasse Kaffee in der Hand erfreuen kann.
Im Winter-Garten gibt es immer etwas zu tun
Gräser und Stauden im Winter
Foto: BGL.
Eine ausgemachte Schönheit das ganze Jahr über ist der sibirische Hartriegel. Er blüht wunderbar im Frühjahr, im Sommer beeindruckt seine Blattpracht und im Winter ist die intensive Rotfärbung seiner Rinde ein Farbklecks im Garten. Zu seiner Familie gehören noch der Gelbholz Hartriegel und einer mit fast schwarzer Rinde. Die Drei kann man auch gut miteinander kombinieren. Voraussetzung sind feuchte Standorte mit saurem bis neutralem Boden. Wenn all diese Bäume zwischen Oktober und März gepflanzt werden, können sie bis zur Hauptwachstumszeit noch richtig einwachsen. Jetzt ist aber auch nicht nur die Zeit, um Bäume zu pflanzen, sondern auch, um sie zu schneiden, bevor die Brutzeit der Vögel beginnt. Und auch sonst gibt es im Winter im Garten einiges zu tun, damit er sich auch im Sommer wieder von seiner besten Seite zeigt. Immergrüne Pflanzen müssen zum Beispiel in trockenen Wintern an frostfreien Tagen regelmäßig gegossen werden. Wenn der Boden gefroren ist, dringt nämlich kein Wasser mehr zu den feinen Faserwurzeln. Gleichzeitig geben die Blätter aber Feuchtigkeit ab, vor allem bei Sonnenschein. Die Gefahr von Trockenschäden ist größer als die von Frostschäden. Auch das Füttern von Vögeln gehört zu den winterlichen Gartenaktivitäten. Garten ist Leben. Und nichts macht einen Winter-Garten lebendiger und dekorativer als eine fröhliche Vogelschar, die sich in ihm versammelt. Ein Vogelhäuschen, katzensicher, abgedeckt und regelmäßig gereinigt, ist ein winterliches Gartenaccessoire, mit dem man Gutes tut und sich selbst erfreut. Wer auf Blüten nur so kurz wie möglich verzichten kann, wird auf Christ- und Lenzrosen setzen. Die Christrosen – nomen est omen – haben ihre schneeweißen Blüten schon in der Weihnachtszeit geöffnet. Sie fühlen sich auf lehmigen, kalkhaltigen Böden im Halbschatten von Gehölzen am wohlsten. Langsam beginnen Ende Januar auch die Lenzrosen ihre Blüten zu öffnen. Und bald erfreuen uns die ersten Zwiebel- und Knollenpflanzen, das Vorfrühlings- Alpenveilchen, Winterlinge und Schneeglöckchen – natürlich nur, wenn wir auch im Sommer schon an den Winter-Garten gedacht haben. Gartenkunst ist immer vorausschauend und wahre Gärtnerkunst zeigt sich darin, dass der Garten zu jeder Jahreszeit schön ist. Oft wird bei Planungen die vierte Saison leider stiefmütterlich behandelt. Wie schade. Für wahre Liebhaber ist doch der tägliche Rundgang durch den Garten zu jeder Jahreszeit Kür, nicht Pflicht. Und nichts lässt das Gärtnerherz höherschlagen, als wenn sich der winterliche Garten beim Blick aus dem Fenster schön wie ein Gemälde präsentiert.