Dr. Adelheid Rasche: Bilder der Mode

 

Dr. Adelheid Rasche

Dr. Adelheid Rasche
Foto: M. Gosewisch, Berlin

Dr. Adelheid Rasche ist eine Frau, die gerne einen eigenen Weg geht. In einer Ausstellung etwa folgt sie eher nicht der Führung, „nicht aus Dickköpfigkeit“ erklärt sie und ihre Augen leuchten, „sondern weil ich mir gerne einen eigene Zugang zu den Dingen suche – zumindest, wenn ich mich mit Ihnen auskenne.“

Illustration Now! Fashion Julius Wiedemann

Illustration Now! Fashion
Julius Weidemann, Taschen

Dem Mainstream folgen ist Ihre Sache also nicht. Seit 1990 ist Rasche Abteilungsleiterin der Sammlung Modebild – Lipperheidesche Kostümbibliothek in der Kunstbibliothek der Staatliche Museen zu Berlin, seit 2005 Hauptkustodin, Ausstellungskuratorin und Autorin vieler Fachbücher. Gerade hat sie zu dem im im Taschen Verlag erschienenen Buch „Illustration now! Fashion“ einen Essay geschrieben, in dem sie eine Chronologie der Modezeichnung vom 17. Jahrhundert bis heute skizziert.

Lovisa Burfitt Maquillage green, 2008 H&M, wall decoration; ink, feather pen, brush and color pencil

Lovisa Burfitt Maquillage green, 2008
H&M, wall decoration; ink, feather pen, brush and color pencil

Auch in der Mode hat sie einen eigenen Kopf, stellt gerne Altes, Neues und Besonderes zusammen. Sie „ist kein Trend Typ“, sondern eine, für die Kleidung etwas mit Persönlichkeit zu tun hat und ganz viel mit Anfassen, schönen Materialien und Farbnuancen, „Onlinshoppen ist schon deswegen für mich keine Option, ich muss Kleider fühlen und sehen, bevor ich sie anziehe“, sagt die gebürtige Salzburgerin. Ganz leicht hört man ihr die österreichische Herkunft auch nach über 25 Jahren in Berlin noch an. Berlin war Liebe auf den ersten Blick, mit München, wo sie vorher eine zeitlang gelebt hatte, tat sie sich schwerer, „zu benachbart, zu ähnlich in der Mentalität.“ An Berlin liebt sie das Direkte und das jeder so bunt sein kann wie er möchte.

Lisa Billig, Untitled, 2011 Catwalk Studio; pencil

Lisa Billig, Untitled, 2011
Catwalk Studio; pencil

40 000 Bücher, Zeitschriftenbände, Handschriften und 100 000 grafischen Einzelbändern

Das Thema Mode war nichts was die Kunsthistorikerin, Promotion mit Auszeichnung über die Frühzeit der Pariser Oper, von Kindheit an interessiert hätte. Über ein Volontariat in der Lipperheidesche Kostümbibliothek ist sie zur Mode gekommen, wo sie schnell entdeckte, dass der kulturgeschichtliche Ansatz den die Mode bietet, ihren Neigungen entspricht. Neben der Museumsarbeit, zu der sie immer wieder gerne zurückkehrt, sucht sie das „echte Leben“, besucht in Berlin und anderswo die Fashion Weeks und ist Mitglied in zwei Juries für Nachwuchsdesigner Bei der Beschäftigung mit der Historie das Heute nicht aus den Augen verlieren, das ist ihr wichtig. Insofern war auch die Mitarbeit am Buch „Illustration now! Fashion“ für sie selbst und ihre Arbeit inspirierend. Nicht alle gezeigten Illustrationen hält sie für spätere Museumsstücke, aber einige eben doch.

Es hat ihr Spaß gemacht Tipps zu geben und ihren Essay mit Bildern aus der Sammlung mit ca. 40 000 Büchern und Zeitschriftenbänden, Handschriften und 100 000 grafischen Einzelbändern, die sie verantwortet, zu illustrieren. Natürlich, wie sollte es anders sein, mit Überraschendem, quergedachten, etwa mit Illustrationen der wenig bekannten, dafür sehr interessanten Berliner Künstlerinnen Lotte Wernekink und Julie Haase-Werkenthin, die für die vielfältige Magazinlandschaft des Berlin der 20er Jahre in ihren Zeichnungen expressionistische Bildideen aufgriffen, sich vom Japonismus oder der Filmästhetik der Zeit inspirieren liessen. „Eine Modeillustration ist für mich immer dann spannend, wenn sie charakteristisches über die Zeit aussagt. Ein bisschen Humor schadet auch nicht und die Linie, die künstlerische Hand, muss stimmen.“

Die fünfte Kuratorin in über 100 Jahren

Modegrafik ist zunächst Gebrauchsgrafik, die Grenzen zur Kunst sind fließend, Blick und Einschätzung können sich mit den Jahren auch ändern, erläutert die Fachfrau. In der Lipperheidesche Kostümbibliothek hat sie ihren Traumjob gefunden und es scheint so, als ob sie die Tradition des Hause, nämlich die langjährige Mitarbeit, fortsetzt. Sie ist erst die fünfte Kuratorin in über 100 Jahren. „Meine Vorgängerin war 30 Jahre hier, es spricht einiges dafür, dass ich das auch schaffe.“ Diese Beständigkeit bedeutet nicht, dass Adelheid Rasche nicht auch für andere Aufgaben aufgeschlossen wäre. „Man weiss nie“. Nicht, dass sie nicht genug zu tun hätte, aber schon jetzt kuratiert und berät sie regelmäßig Ausstellung en in Berlin und anderswo, hält Vorträge, bringt Bücher heraus und organisiert eine Vortragsreihe zum Thema Mode in der Kunstbibliothek. Demnächst geht es etwa um Stil und Mode von Chanel oder auch die westdeutsche Feinstrumpfindustrie zwischen 1945 und 1980. Eine Ausstellung über die Mode vor dem 1.Weltkrieg ist in Vorbereitung. „Die Mode der 10er Jahre des 20.Jahrhunderts ist völlig unbekannt, da gibt es vieles zu entdecken. Jeder kennt den Jugendstil und die Mode der 20er Jahre, was dazwischen los wahr, ist ein weisses Blatt“. Diese Leerstellen zu beseitigen und aufzuzeigen, was es außer dem Bekannten noch gab, das hat sich Adelheid Rasche zur Aufgabe gemacht. Gerne würde sie ihr Know-how Modefirmen anbieten, um deren Archive zu ordnen und zu systematisieren – oder sie überhaupt erst anzulegen „ Die Firmen nehmen das oft nicht ernst, sind aber sehr stolz, wenn sie ein geordnetes Archiv haben. Es fehlt noch an Sensibilität für diese kulturhistorisches Erbe, ganz abgesehen davon, kann es auch als Inspiration für die Aktualität dienen lann.“ So, wie etwa die Redaktion des deutschen Harper‘s Bazaar Ausgaben des Magazins aus den 80ern in der Lipperheidschen Lipperheideschen Kostümbibliothek studierte. Ein eigenes Archiv hat Harper‘s damals nicht angelegt. Gut, dass Adelheid Rasche und Ihren Kolleginnen und Kollegen so aufmerksam waren.