Easy to wear – Fashion Trends 2021

Keine Zeit für modische Revolutionen. Trends werden weiterentwickelt. Chick mit Komfort ist gewünscht.

Lässig zurückgelehnt blickt ein Model in den blauen Himmel, ein anderes liegt ausgestreckt und sonnenbeschienen auf der Wiese. Viele Labels präsentieren die Kollektionen für dieses Frühjahr, den Sommer in der Natur. Das Gefühl von Entspannung und Leichtigkeit, das die Bilder vermitteln, ist dabei genauso wichtig wie Schnitt und Farben der Mode. Die Bilder drücken aus, worauf wir alle hoffen: keine Einschränkungen mehr, Freiheit, unbegrenzte Lebenslust, Erholung von der Anspannung der letzten Monate. Auch die Farben sind optimistisch, dabei mitunter gewagt kombiniert – orange zu pink zu mint zu fuchsia. Das wirkt im Sommer 2021 nicht exzentrisch sondern hoffnungsfroh. Der lautsprecherische Auftritt ist eher nicht so angesagt. Generell ist die Farbigkeit der neuen Kollektionen naturverbunden. Sandtöne bis zum Ocker, die Palette der Grün- und Blautöne, Meeresfarben, strahlendes Sonnengelb und auch mal ein Mohnblütenrot erfreuen das Auge. 

Die Outfits bewegen sich zwischen den Polen „New Normal“ und „New Romantic“. Unverkennbar die Einflüsse von Home- und Sportswear, dazu kommt die Sehnsucht, sich auch mal wieder hübsch zu machen und nach entsprechenden Gelegenheiten dazu. Dabei liegen zwischen Kuschellook und Partydress keine Welten. Ein seidener Pyjama ist für viele Anlässe tauglich. Der Businessanzug  sendet durch neue Weiten und softe Stoffe Wellness-Signale. Das ist Inklusion in einem erweiterten Sinne. Stile mischen sich, Casual- mit Businesswear, auch Feminines mit Maskulinem – und umgekehrt. Viele Silhouetten sind oversizend, fließend, organisch. Sie geben Bewegungsfreiheit. Ethnische Einflüsse, Stickereien, Prints, handwerkliche Verarbeitung erinnern daran, dass die Welt ein Dorf ist und zeugen von der Lust, endlich wieder reisen zu können. In diesen Botschaften unterscheiden sich Damen- und Herrenkollektionen kaum. Ähnliche Farbigkeit, der Trend zu neuer Weite, der Mix aus Freizeit, Business und Sport gefällt Frauen und Männern, Jungen und Alten: weltweit. 

 

 

Innere Werte

 

Womit wir bei den Stichworten Globalisierung und Nachhaltigkeit sind, die die Mode, aber auch alle anderen Lifestyle-Branchen im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig beschäftigen und schon verändert haben. 73 Prozent der Konsumenten können sich laut einer Verbraucherumfrage der globalen Unternehmensberatung KPMG vorstellen, künftig nachhaltige Kleidung zu kaufen, 56 Prozent tun es bereits. Die Verwendung umweltfreundlicher Materialien, die Auswahl der Lieferanten und auch die Reduktion der Kollektionsumfänge gehören zu den Maßnahmen, die auch, aber nicht nur, High End Labels –  Stella McCartney war Vorreiterin – ergreifen. s.Oliver etwa verspricht unter dem Motto „We Care“ Mode aus verantwortungsvoller Produktion, also soziale Mindeststandards, strenge Schadstoffkontrollen und Schutz des Tierwohls. Neben der Optik werden die „inneren Werte“ immer wichtiger. Frauen und Männer wollen in ihren Kleidern nicht nur gut aussehen, sondern sich auch in einem moralischen Sinn gut fühlen. Dieses neue Bewusstsein greift nicht nur in der Mode um sich, sondern auch im Interior Design. Ladeneinrichtungen aus Recycling-Materialien, umweltzertifizierte Hölzer, die Umstellung auf LED-Beleuchtung sind Zeichen des Wandels. Und sie sind nicht mehr Avantgarde, sondern fast auch schon „new normal“.

Für Veja zum Beispiel ist  Nachhaltigkeit nicht nur bei den Turnschuhen wichtig, sondern auch beim Ladenbau. Der neue Flagship-Store in New York wurde so gestaltet, dass beim Umbau möglichst wenig verändert werden musste. Es entstand ein schlichter Raum mit altem Holzboden, der nicht Gefahr läuft unmodisch zu werden. Die Stromversorgung erfolgt durch Windkraft. In Antwerpen hat der Brillenladen Ace & Tate hat sein Geschäft mehr oder weniger komplett mit Recycling-Materialien eingerichtet. Der Fußboden besteht aus einer Art Terrazzo, hergestellt aus Plastikflaschen, Deckeln und Kleinteilen aus der Region. Im Stella McCartney Headquarter in London wird die Ware auf alten Holzblöcken präsentiert, aus Büroabfällen wurden dekorative Pappmachee-Paneele gemacht.

 

Alt ist das neue Cool

 

Wiederverwertung, reparieren, Altes neu entdecken ist trendy. „Upcycled by Miu Miu“ ist ein gutes Beispiel dafür. Für diese besondere Kollektion wurden 80 Vintage-Kleider aus den 30er bis zu den 80er Jahren aufgearbeitet und mit den für Miu Miu typischen Stickereien und Verzierungen versehen und quasi signiert. Erhältlich sind die Kleider in neun ausgewählten Boutiquen zwischen Mailand und St. Moritz. Es geht aber auch weniger exklusiv. Levis animiert seine Kunden in den USA, alte Jeans gegen Gutscheine einzutauschen und verkauft sie online weiter. COS bietet gebrauchte Mode im Netz an – um nur zwei Beispiele zu nennen. 

Im Auftrag eines Secondhand-Online-Shops hat das Marktforschungsinstitut Global Data prognostiziert, dass der globale Umsatz von gebrauchter Mode von 23 Milliarden Euro 2019 auf rund 52 Milliarden bis 2024 steigen wird. Das ist nur ein Prozent des Modemarktes, aber zum Beispiel in Deutschland stagnieren die Umsätze mit Neuware. Secondhand gilt als ein Geschäft der Zukunft. Gerade die Jungen schlagen damit mehrere Fliegen mit einer Klappe: Für Vintage-Kleider werden keine Ressourcen vernichtet, oftmals gibt es gute Qualität zu kleinerem Preis und man findet Einzelteile, die niemand anders hat.

Mag auch sein, dass das Suchen und Finden zum Reiz der Secondhand-Mode beiträgt. Der Trend von der Konsum- zur Erlebnisgesellschaft ist ungebrochen. Kein Wunder, dass sich Marken immer mehr mit Musik, mit Sport oder Kunst verbinden. Am Logo erkennt man den/die Gleichgesinnte/n, der oder die ähnliche Musik hört, sich für die gleichen Künstler interessiert. Michele Alessandro von Gucci hat das mit als Erster verstanden. Er schafft eine modische Erlebniswelt. Dazu gehört, dass er seinen Fans das Lieblingsrestaurant in Honkong empfiehlt oder mit dem Regisseur Van Gus einen Episodenfilm präsentiert. Apropos Film: Falls Big Hair demnächst für Männer angesagt ist, dann muss die Netflix Serie Bridgerton dafür verantwortlich sein. Soviel Männerhaar war nie!