Trends Winter 2023 – Goodbye Couchpotato

Es heißt wir leben in einer Zeitenwende heißt es. Trifft das auch auf die Mode zu? Den Rock erfindet sie nicht neu. Er wird nur wieder länger.

Aufgeräumt und gemütlich

 

Überraschend ist, dass die Modermacher:innen mit dem ungeschriebenen Gesetz brechen, dass die Farben der Herbst/Winterkollektionen gedeckter, erdiger sind – passend zur sich verändernden Natur. Modisch gesehen bleiben die kühlen Monate 22/23 diesmal nämlich so farbstark wie sie im Sommer schon war. Rot, Gelb, Orange, kräftiges Blau oder Violett werden im Total-Look getragen oder als Hingucker in das Outfit integriert. Sie lassen das Wintergrau verblassen und bieten wenigstens farblich den Zumutungen der Zeiten Paroli. Eine Zeitenwende oder wenigstens eine zunehmende Bereitschaft sich von traditionellen Schönheitsidealen zu verabschieden, ist im Casting der Models zu erkennen. Ältere, Plus-Size-Figuren und Personen mit diversem Geschlecht haben eine Chance für ihren Auftritt auf dem Laufsteg. Das war lange undenkbar und macht einige Kollektionen bunter und individueller. Manches, auch bei großen Namen wir Marni, wirkt ein bisschen wie Do it Yourself-Mode, anderes verkleidet. Der Trend wäre hier vor allen Dingen „Fantasie verlass mich nie“ und je schräger ein Look wirkt umso besser. 

Maximal modisch

 

Dass es den einen Trend nicht mehr gibt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber doch kristallisieren sich jede Saison Tendenzen heraus. Alle, die zeigen möchten, dass sie modisch auf der Höhe der Zeit sind, sollten sie kennen. Die Damen werden zum Beispiel von den Modedesigner:innen ziemlich schick aus dem Homeoffice zurück in das Büro und den Alltag geschickt. Die neuen Sakkos, die edlen Blusen, die weiten Hosen, Röcke und Kleider wirken allesamt sehr angezogen. Das Styling ist adrett. „Goodbye Couchpotato“ im Schlabberlook. “New Tailoring“ lautet der Fachbegriff für die angesagte Eleganz. Die Kunst der Schneiderei ist damit gemeint. Sie macht Kleidung möglich, die genau auf die Figur zugeschnitten ist. Dem widerspricht nur scheinbar, dass Oversized-Silhouetten Fashion- Lieblinge bleiben. Gerade sie müssen nämlich besonders gekonnt geschnitten sein und in den Proportionen zum Körper stimmen. Der Begriff Maximalismus beschreibt die aktuelle Mode gut. Das betrifft Damen- und Herrenkollektionen. Mäntel sind weit und lang, Jacken haben überschnittene  Schultern oder auch Schulterpolster. Die Sommerröcke waren Sommerröckchen, kurz, kürzer, am kürzesten. Diesen Winter sind die Röcke lang. Ausnahmen bestätigen die Regel.

 

 

Must-Haves

 

Ein It-Piece der Saison sind Overknees. Wer modisch aufdrehen möchte, wird sich ein Paar kniehoher Stiefel zulegen. Und keine Sorge, es geht nicht darum, wie einst Pretty Women Julia Roberts auszusehen. Overknees sollten selbstverständlich und unaufgeregt kombiniert werden, was auch bedeutet: Nicht zu viel Haut zeigen. Im Alltag wirken etwas nach unten gerutschte „slouchy“ Overknees lässig. Isabelle Marant hat sie gezeigt. Hochglänzende Modelle wie die von Sergio Rossi wirken edel, wenn sie schlicht mit luxuriösen Materialien kombiniert werden. Interessant ist zum Beispiel der Kontrast von Glanz und Angorawolle. Neben den Overknees sind generell Stiefel von Cowboy- bis zu Bikermodellen wichtige Accessoires, die auch eleganten Looks einen legeren Twist geben. 

Modisch up to date zeigen sich Damen, die in ihrer neuen großen Tasche – It Piece Nummer zwei – problemlos das Schlafzimmerkissen für ein Nickerchen zwischendurch aus dem Homeoffice ins Büro transportieren können. Sehr angesagt sind übrigens auch fellige Taschen, am besten aus Fake Fur in jeder Größe und Form.

Alle guten Dinge sind drei: Der Trenchcoat steht für Männer und Frauen modisch wieder ganz hoch im Kurs. Wie Sakkos und Anzüge, erleben sie ein Comeback mit neuen Proportionen und Details. Besonders modern sind – Stichwort Maximalismus – oversized Trenchcoats. Klassisch beige, groß oder schmal, Trenchcoats sind ideale Übergangsmäntel im Frühjahr oder Herbst und lassen sich zu Jeans genauso wie zur feinen Stoffhose oder einem Seidenkleid kombinieren. Ein Zeichen von Zeitenwende sind sie sicher nicht. Dieses neue alte Must-have der Garderobe zeugt eher von einem Bedürfnis nach Stabilität.

Coszy Comfort

 

Tragekomfort ist ein Kriterium dafür geworden, ob ein Trend sich durchsetzt, Wer schön sein will, möchte trotzdem nicht leiden. Coszy Comfort heißt der Trend, der Bequemlichkeit mit Angezogenheit und einem Tick Sportlichkeit verbindet. Tunnelzüge an sonst formal geschnittenen Hosen engen ihn nicht mehr ein. Ein edles T-Shirt oder ein feiner Strickpullover werden unter dem Sakko getragen, Flanellhemden und Sneaker gehören zum Look. Cardigans und kuschelweiche Pullover wirken edel und sind angenehm zu tragen. Akzente aus der Workwear ergänzen die coszy Männerlooks aktuell. Cargohosen mit ihren aufgesetzten Taschen, Blousonjacken und Boots sind dafür typisch. Sie geben Schärfe und machen die Outfits interessanter.

Bei Damen und Herren sind ethnische Muster und Orange-, Gelb- und Braun-Töne eine andere Facette des Trends. Wolle in verschiedensten Qualitäten, haarig-kuschlig, grob- oder feingestrickt ist ebenfalls charakteristisch für den Coszy Comfort.

Praktisch ist, dass sich die neuen großzügig geschnittenen Mäntel und Jacken gut für einen Layering-Look eignen und damit saisonübergreifend sind. Der weiche Sommerkaschmir-Pullover kann jetzt im Herbst weiter unter einem Cardigan getragen werden.

 

Party machen

 

Neben den sehr angezogenen Looks präsentieren die Modermacher:innen eine andere wilde Seite, die das Feiern feiert. Das sieht mal nach Diva oder Disko aus, kann aber auch in Richtung Grunge- und Punk tendieren. Schimmernde Pailletten oder exotischer Animalprint etwa bei Roberto Cavalli oder Stella McCartney, farbstark oder in Total Black: Vieles ist möglich. Hohe Schlitze, Cut-Outs, Bodys, Korsagen: auch die Sexiness hat so einige Facetten. Das weiße Tank Top gehört als neues Fashion Piece – Prada sei Dank – auch in diesen Zusammenhang. 

Die Kollektionen für diesen Winter bieten viele Möglichkeiten, sich zu stylen. Sie fordern allerdings auf, sich zu entscheiden. Entweder – oder: businesslike elegant, leger-sportlich oder sexy Partyqueen stehen zur Auswahl. Mehr denn je kommt es darauf an, zu wissen, was einen kleidet, den Gesamtlook richtig zu stylen. Das ist ohne Frage eine modische Herausforderung.