Früher war mehr Lametta

Weihnachten ist nicht jedermanns Sache. Und das ist in Ordnung. Weihnachtsmuffel sind keine Miesepeter, sondern Menschen, die den kollektiven Zwang zum Glühweintrinken auf dem Weihnachtsmarkt nichts abgewinnen können. Weihnachtslieder zu singen ist auch nicht ihr Ding, und Christbaumkugeln und Rauschgoldengel verursachen bei ihnen das gleiche Unwohlsein, wie anderen Menschen der übermäßige Genuss von Lebkuchen. Man muss feststellen, mit diesen Charakterzügen haben sie es im Dezember nicht leicht. Vielmehr, Weihnachtsmuffel machen sich das Leben sogar sehr schwer. Die Mehrheit der Menschheit nimmt auf ihre Empfindlichkeiten nämlich keine Rücksicht. Selbst die Flucht in den Süden wird nicht helfen. Auch in der Karibik steht meist ein hektisch blinkender Weihnachtsbaum in der Hotelhalle. Und unter dem Kreuz des Südens wirkt er besonders befremdlich. Bei uns bringen sich schon vor dem ersten Advent viele Haushalte weihnachtlich in Stellung. Da hängen schon Anfang November Sterne in den Fenstern und Kränze an den Türen. Ganz klar, hier wohnen Personen, die es jedes Jahr gar nicht erwarten können, bis es endlich wieder weihnachtet. Vermutlich sind das auch die, die sich schon im August auf die ersten Dresdner Stollen im Regal gestürzt haben. Schmücken oder nicht schmücken, das ist jetzt die Frage. Zugegeben, manche Weihnachtsdeko ist eher eine Weihnachtsorgie von Engeln, Lichterketten und glänzenden Kugeln. Das kann man schon schrecklich finden. Die Alternative: Akzeptieren und sich dem Weihnachtszauber selbst voll und ganz hingeben. Das wäre besonders Weihnachtsmuffeln zu empfehlen. Zeigt die weiße Flagge und ergebt Euch. Das ist keine Schande. Sind die Zeiten nicht trübe genug? Das wiederkehrende Gejammer übers Weihnachtsbrimborium schafft Weihnachten doch auch nicht ab und macht nur schlechte Laune. Betrachten wir die Weihnachtsmuffeligkeit mal als eine Art Allergie. Statt unter ihr zu leiden, gäbe es auch die Möglichkeit, sich gewissermaßen zu desensibilisieren. Was bei Heuschnupfen hilft, kann durchaus auch den Weihnachtsmuffel kurieren. Das bedeutet allerdings, sich eine Zeitlang dem Weihnachtsrummel in höchster Konzentration auszusetzen. Vorschläge für die Kur: An einem Tag mindestens fünf Weihnachtsmärkte besuchen, was vielerorten kein Problem ist. Zwei Stunden Aufenthalt am langen Adventssonntag im Kaufhaus in der Deko-Abteilung gehörten auch zur Behandlung. Die Einladung zum Plätzchen backen wird dieses Jahr natürlich nicht ausgeschlagen. Adventssingen im Kirchenchor, sich als Weihnachtsmann verdingen und wirklich allen Freunden und Verwandten liebevolle Weihnachtskarten schreiben sind weitere Punkte auf der Detox-Liste. Der letzte wird sein, einen ganz besonders prächtigen Weihnachtsbaum zu schmücken. Hört sich hart an? Ist es auch! Aber, irgendwie ist es doch schade rund um Weihnachten immer als Griesgram rumzulaufen. Es gilt das Schöne am Fest zu entdecken, es wieder mit Kinderaugen zu sehen. Nutzen wir die Gelegenheit und erlauben es uns, Weihnachten hemmungslos zu zelebrieren. Und wenn irgendein Minimalist um die Ecke kommt und von Kitsch erzählt, bekommt er die kalte Schulter gezeigt. Weihnachten ist eben Deko-Zeit. Wie weit man das dann treiben möchte und wo der Kitsch anfängt, ist am Ende Geschmacksache. Das soll jeder für sich entscheiden.

 


Foto: Inge Glas
 

Böse Menschen schmücken keine Bäume

 

Es ist eine schöne Tradition, in der Adventszeit und an den Weihnachtstagen das Zuhause festlich zu dekorieren und es sich gemütlich zu machen. Für den einen genügt eine Schale mit Kugeln und ein bisschen Tanne zum „Warm-ums-Herz-werden“, für die andere ist nie genug Lametta am Baum. Nostalgischer Glasschmuck, Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden, schlichte Holzleuchter aus Skandinavien oder goldige Putten, Krippen und Knusperhäuschen, alles ist möglich. Selbst die heftig blitzende, bunte Lichterkettenschau auf dem Balkon wollen wir im Angesicht des Fests der Liebe verzeihen. Solange der Weihnachtsschmuck keine Auffahrunfälle produziert und die Nachbarn nicht vom Schlafen abhält, gönnen wir jedem Weihnachtsfreak seine Lust. Böse Menschen schmücken keine Bäume und Balkone. Apropos Lichterkette. Weihnachtspuristen bestehen immer noch auf echten Kerzen. Das muss man aber nicht so streng sehen. Es gibt tatsächlich Lichterketten, die ganz einfach nur ein sehr angenehmes, warmes Licht verbreiten. Nicht mehr und nicht weniger. Wer einmal vor brennenden Kerzen eingeschlafen ist, weiß das zu schätzen. Und der Feuerlöscher neben dem Baum taugt nun wirklich nicht als weihnachtliches Deko-Objekt bloß, weil er rot ist. Wer das Schmücken nicht intuitiv aus dem eigenen Fundus nach dem Motto: „Was da ist, wird aufgehängt“ angeht, kann sich durchaus an Deko-Trends orientieren. Die gibt es auch zu Weihnachten. Das hängt einfach damit zusammen, dass sich heute alle Lebensbereiche gegenseitig beeinflussen. Wenn bei Wohnaccessoires oder zum Beispiel auch Nagellackfarben gerade Kupfer und Bronze in sind, liegt es nahe, dass auch die Weihnachtskugeln verstärkt in diesen Metallic-Tönen gefragt sind. Wer noch auf der Suche nach der richtigen Deko-Idee ist: Grün und Weiß sind Farben, zu denen Deko-Experten raten. Grün ist ja das ganze Jahr gewissermaßen eine Trendfarbe. Die Themen Natur, Urban Gardening und alles, was damit Zusammenhängt, stehen hoch im Kurs.“ Ein grün und weiß geschmückter Tannenbaum wirkt fast zwangsläufig edel. Er erinnert an schneebedeckte heimatliche Tannen und an Winterurlaub. Wer sich auf wenige Farben beschränkt, entgeht auch der Kitschgefahr. Na ja, ein paar rote Akzente dürfen vielleicht trotzdem noch sein. Rot ist schließlich die Weihnachtsfarbe. Und der goldige Engel mit den rosa Bäckchen? Was soll’s! Der findet schon auch noch seinen Platz oben auf dem Baum.

 

Weihnachtszeit: Familienzeit!?

 

Unter dem Weihnachtsbaum trifft sich spätestens am heiligen Abend die Familie. Aber wer gehört genau eigentlich zu ihr? Damit, dass sich Familie nicht mehr so einfach als Vater, Mutter, Kind buchstabieren lässt, können inzwischen auch traditionellere Geister ganz gut leben. Das Familienleben wird bunter, die Unterschiede zwischen den Generationen verwischen sich. Patchwork-Familien leben – nicht nur zur Weihnachtszeit – ein neues, vielfältiges Bild von Familie. Und bei immer mehr Single-Haushalten ist es kein Wunder, dass sich das Ritual für den heiligen Abend, der Familienbegriff verändert. Auch Wahlverwandtschaften werden wichtiger. Der neudeutsche Begriff „Friendsmas“ drückt ein nicht nur in den USA verbreitetes Bedürfnis aus, Weihnachten mit Freunden zu verbringen. Gemeint ist bislang allerdings ein gemütliches Beisammensein mit Spekulatius und Glühwein rund um den Adventskranz. Es ist eher die Vorweihnachtszeit, die mit Freunden verbracht wird. Unterm Weihnachtsbaum trifft sich dann doch wieder nur die eigene wohlbekannte Sippschaft. Zu erwähnen, dass der mehrtägige Besuch von Onkel Hans durchaus auch mal Spannungen verursacht, ist kein Sakrileg. Vielleicht Zeit, den Friendsmas-Gedanken auch auf die heiligen Tage auszudehnen!? Wie wäre es, die eigene Familie mit der der besten Freunde zu vereinigen? Vielleicht knistert es beim Fest der Liebe dann nicht nur beim Geschenke auspacken. Tante Sabine und Hajo aus der Wahlverwandschaft, wer hätte das gedacht!? Nicht ohne Grund heißt es Familienbande. Gerade Weihnachten bietet sich dafür an, sie über die eigene Kleinfamilie hinaus zu knüpfen.

 

Weihnachtspullover: Warum nur?

 


Weihnachtspullover von Topman
 

Weihnachtsmannmützen stehen nun wirklich nicht jedem. Eigentlich nur dem Weihnachtsmann. Trotzdem, spätestens ab dem 1. Advent tragen plötzlich die sonst so seriöse Apothekerin, die Angestellte in der Reinigung und manchmal auch der Auszubildende an der Kasse im Supermarkt eine rote Mütze. Soll lustig sein, soll weihnachtlich sein. „Gut durch den Kamin gekommen heute morgen?“, fragt der Kunde, wenn er schlagfertig genug ist. Die Weihnachtsmannmütze als saisonales Accessoire in der Adventszeit kann man albern finden, sie ist aber doch nett gemeint. Hand aufs Herz, im Grunde ist es schön, dass es noch Traditionen gibt und wirklich saisonale Rituale. Und schön, wenn sie sich mit den Jahren weiterentwickeln. Damit ist nicht gemeint, dass die ersten Lebkuchen schon nach den Sommerferien im Regal liegen, sondern die noch relativ junge Tradition des sogenannten Weihnachtspullovers. Auch in Deutschland ist er inzwischen weit verbreitet. Er kommt, wie so manches Skurrile, aus dem englischsprachigen Raum und heißt dort „Ugly Christmas Sweater“, übersetzt hässlicher Weihnachtspullover. Hässlich!? Nun ja, über Geschmack lässt sich ja immer streiten. Aber ein Weihnachtspullover, der hält, was er verspricht, muss mindestens unbestreitbar kitschig sein. In Großbritannien und den USA gilt das schon etwas länger als großer Spaß. Colin Firth trug 2001 im Film „Bridget Jones“ einen Rolli mit riesengroßem rotnasigem Comic-Elch auf der Brust. Das hat den Trend vermutlich ausgelöst und die Zielrichtung vorgegeben. Weihnachtspullis sind geschmückt mit Rentieren, Weihnachtsmännern, Schneeflocken, Schleifchen oder am besten mit allem zusammen. Sie haben auch mal eingebaute blinkende Lämpchen, die Farben sind schrill: rot, rosa, röter am rötesten oder auch grün oder goldig glitzernd. Schauspielerin Whoopi Goldberg hat sogar ihre eigene Kollektion herausgebracht. „Ich mochte so etwas schon immer“, sagte sie der New York Times. Auch Fußballer wie Mesut Özil wurden schon im Schneemannstrick gesichtet. Zu Weihnachten darf es eben etwas mehr sein, und das betrifft nicht nur die Anzahl der gegessenen Kekse. Auch kleidungsmäßig ist Bling-Bling und Kitsch nicht nur erlaubt, sondern quasi Ehrensache. Tatsächlich hat der Pulli-Kult allerdings auch einen ernsten Hintergrund. In Großbritannien wird am dritten Freitag im Dezember von der Organisation Save the Children der „National Ugly Christmas Sweater Day“ gefeiert. Neben dem Spaß auf der Suche nach der größten Geschmacksverirrung in Sachen Pullover werden Spenden für notleidende Kinder gesammelt. Um dafür noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, trägt sogar die Royal Family Weihnachtspullover – allerdings nur in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett. Prinz Harry mit Pinguin-Pulli und die Queen mit bekröntem Corgi auf der Brust wirken allerdings sehr überzeugend. Diesen Sinn für Humor traut man den Royals schon zu. Schließlich haben sie das Umstyling ihrer Ebenbilder ja auch erlaubt. Prinz Philip trägt übrigens das etwas zurückhaltendere Modell Weihnachtspullover in Tannengrün mit Norwegermuster und erweist sich damit nicht nur als der Geschmackvollste, sondern auch als der tatsächlich Modischste in der Familie. Norwegerpullis mit ihren charakteristischen Mustern sind nämlich ohne Frage angesagt – vor und nach Weihnachten. Einem modischen Trend folgen auch die mit Slogans bedruckten Weihnachtspullis. „Prosecc-Ho Ho Ho“ steht da etwa drauf, oder „Happy Holladays“ und „Santa Baby“.