Frühlingswolle

Foto: JUNO

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Gleich zwei Persönlichkeiten trifft man an, wenn man den kleinen Laden „JUNO Strickstücke“ betritt – Julica und Knittax. Julica Norouzi ist die Designerin und Namensgeberin des Labels, das sich aus den Silben ihres Namens zusammensetzt. Knittax eine Lady aus den 50ern – das von ihr verstrickte Garn zählt man mittlerweile nur noch in Kilometern. Die alte Strickmaschine hat Norouzi vor ein paar Jahren bei Ebay ersteigert.

 

Lieber stricken lassen

JUNO

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Knittax kann – was man zunächst gar nicht erwartet, da sie rein manuell betrieben wird – ziemlich laut werden: Meine Frage, ob das Stricken für sie meditativen Charakter hat, hat sich schnell erledigt, als Norouzi mir mit einem lärmenden Ratschen das Entstehen eines Pullovers vorführt. Ein bisschen Spaß scheint ihr mein Schreck zu bereiten – hinter dem riesengroßen runden Brillengestell blitzen verschmitzte Augen. »Selbst zu stricken fand ich immer doof, ich wollte nur entscheiden, wie der Pullover auszusehen hat«. Das Finish, also das Abketten und Zusammennähen der Stücke macht sie von Hand – und gern. Masche für Masche führt Norouzi das Stück zu einem Ende. Dann kehrt Ruhe ein in ihrem schaufensterbreiten, kalkweiß gestrichenen Geschäft.

 

Offene Kollektion

 

JUNO

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Rechts und links an zwei starken Baumästen hängt ihre wunderschöne Strickkollektion, dazwischen findet sich Schmuck und Leinenwaren aus den Kollektionen anderer Designerinnen. Norouzi selbst trägt ein zitronengelbes quergestricktes Cape über einem schwarzen Longshirt und die dunklen Haare zurückgebunden.
Ihre Strickstücke nennt sie „bespoken It-wear“: Das Grundkonzept der Kleider, Capes, Pullover, Mäntel und Shirts kann von den Kundinnen in Form und Farbe, manchmal auch im Material abgewandelt werden. Aber das meiste wird von der Stange weggekauft.
Wie auf Zuruf kommt eine Kundin in den Laden: „Ich brauch noch so eine Mütze“. Während Julica im Hinterzimmer nach dem passenden Blau sucht, überfliegt die Frau noch die Kollektion und stellt etwas enttäuscht fest: „Das hab ich ja schon alles“.
Damit ist sie nicht allein. Norouzi hat treue Anhänger. Die meisten Kundinnen im Alter zwischen 12 und 86 Jahren kommen wieder.

 

Gemälde als Inspiration

 

JUNO

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Zur Fashion Week geht sie zwar auch sehr gern; inspiriert sind die Schnitte der Stricksachen aber eher von asiatischer Klarheit und in der Farbgebung nicht selten von Kunstwerken. Zu einem Frauenporträt aus dem 19. Jahrhundert, das ihre letzte Kollektion beeinflusste, setzt Norouzi mir spontan ein Moodboard aus den entsprechenden Farbknäulen zusammen. Die studierte Kunsthistorikerin hat einen geschulten Blick.
Nach dem Studium fragte sie sich: „Mach ich den Strick oder promovier ich?“ Die Kombination aus der Unlust, sich gegen die „Arbeitsbienchen aus der Kunstgeschichte“ durchzusetzen, und ihrem umfangreichen Wissen über Wollgarn und dessen vielfältige Eigenschaften, führten in die Selbstständigkeit.

 

Die Männer müssen warten

 

Seitdem lautet eines ihrer Erfolgsrezepte 30 Prozent Seide und 70 Prozent Kid Mohair: Die federleichten Capes werden am meisten gekauft, Kindern kann man eine Miniaturversion bestellen. Für eine Männerkollektion, nach der sie von männlichen Besuchern regelmäßig im Laden gefragt wird, plant sie eine andere, nicht ganz so kuschelige Wollmischung.
Zunächst bleibt der luftig-wärmende Strick noch den Frauen vorbehalten.

 
 
JUNO Strickstücke
Emser Straße 42
10719 Berlin
 
www.juno-strickstücke.de