„Bunt ist meine Lieblingsfarbe“, lautet ein bekanntes Zitat des Bauhaus-Architekten Walter Gropius. Wenn man Revue passieren lässt, was 2017 schon an Trendfarben ausgerufen wurde, könnte man meinen, Gropius war nicht nur ein genialer Architekt, sondern auch ein visionärer Farbtrendsetter. Wer Lifestyle-Magazine mit den Themenschwerpunkten Wohnen oder Mode durchblättert und die Trendprognosen von Experten ansieht, stellt fest, ganz oben auf der Liste der Trendfarben stehen in diesem Frühjahr ein frühlingshaftes Blattgrün und ein verwaschenes Rosé, aber als kaum weniger trendy werden diverse müde Blautöne, feuriges Orange, auch Tannengrün oder Haselnussbraun empfunden. Und überhaupt Naturtöne jeder Art, grau, weiß, sand, wollweiß – alles ganz schick. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommen immer die Trendfarben der Farbexperten von Pantone, die alljährlich in Verbindung mit den Kollektionen der New Yorker Fashion Week eine Liste der zehn tonangebenden Farben herausgeben. Zehn!? Ja genau zehn. Ganz klar, dass da so ziemlich jeder Farbton mitmischen kann. Der Trick ist, dass es jede Farbe in verschiedenen Tönen gibt, und auf den richtigen kommt es an, und wie man ihn kombiniert. In diesem Jahr erheben die Trendfarben den Anspruch, alle besonders natürlich daherzukommen, der Farbton „Kale“, übersetzt Grünkohl, wenn er auch eher einem moosigen Grün gleicht, soll zum Beispiel dem Einatmen frischer Bergluft gleichkommen, die Farbe „Island Paradise“ einem Bad in kristallklarem Wasser.Das Inselparadies wäre keines, wenn dort nicht auch die Sonne scheinen würde, was uns unweigerlich zur Pantone-Trendfarbe „Primrose Yellow“ bringt.
Der Farbton steht in unseren Breitengraden für Neid, Verrat und Eifersucht
Ein, so die Beschreibung, „wohlige Wärme einflößendes fröhliches Gelb“, das Lebensfreude wie an schönen Sonnentagen vermittelt. Wer sich eine gelbe Primel vorstellt, hat den Farbton in etwa vor Augen. „Primrose Yellow“, nämlich zu deutsch „primelgelb“, ist gelb wie eine Primel – etwas heruntergedimmt, vielleicht durch einen Schuss Deckweiß. Gelb also ist auch eine Trendfarbe. Die trauen sich was bei Pantone, schließlich steht der Farbton in unseren Breitengraden erstmal für Neid, Verrat, Eifersucht und unappetitliche Körperausflüsse. Es ist wohl nicht unfair auszusprechen, dass Gelb eher selten als Lieblingsfarbe genannt wird. Grund genug, die Karriere der Trendfarbe Gelb etwas zu unterstützen. Wenn wir uns nämlich von reflexartigen Assoziationen, die Gelb mit Gift, Galle, Eiter und Schwefel verbinden, trennen und unsere Gedanken in Richtung Licht und Sonne, Erleuchtung, Blumenduft und Lebensfreude lenken, können wir vielleicht Verständnis dafür entwickeln, dass Gelb zum Beispiel in China die Farbe der Harmonie und der Weisheit ist. Im Hinduismus steht Gelb symbolisch für Leben, Wahrheit und Unsterblichkeit. Die Statuen der Göttin des Lernens und der Weisheit Saraswati werden zu ihren Ehren während des Frühlingsfestes Vasant Panchamiin in gelbe Kleidung gehüllt und der Göttin gelbe Blumen geopfert. Also geben wir Gelb mal eine Chance. Mit Gelb können Sie, um einen ganz praktischen Grund zu nennen, ziemlich sicher Aufmerksamkeit erreichen.
Gelb passt sogar zu Bunt
Es hat schon seinen Grund, dass unser Vorfahrtszeichen in Form einer gelben Raute daherkommt. Gelb hat Signalwirkung, die man durchaus stylingmäßig nutzen kann. Es genügt ein gelbes Accessoire, Tasche, Schuhe, Hut oder ein Schal, um einen Look aufzupeppen. Und das gilt auch in der Wohnung. Gelbe Kissen, eine gelbe Decke, der gelbe Beistelltisch oder Lampenschirm lässt ein Zimmer gleich sonniger und frühlingshafter aussehen. Tatsächlich lässt sich Gelb auch mit so ziemlich jedem anderen Farbton kombinieren. Man muss sich nur trauen. Gelb passt sogar zu Bunt und macht dann besonders gut gelaunt. Mit Weiß, Grau und Schwarz kombiniert, wirkt es modern und vornehm. Im weiteren Sinne zum Spektrum der Gelbtöne gehört natürlich auch Gold. Ohne Frage edel und ein Symbol der Ewigkeit, aber mit Vorsicht zu genießen. Dass Donald Trump die karmesinroten Samtvorhänge im Oval Office ganz schnell durch goldene ersetzen ließ, zeugt weder von Stilsicherheit noch von Trendsettertum. Auch wenn die neuen Gardinen farblich besser auf seine Haarfarbe abgestimmt sein mögen, sie sind in ihrer dramatisch goldenen Opulenz in erster Linie Ausdruck geschmackloser Prunksucht. Dann schon lieber das sonnig warme Primelgelb, wie es uns die Pantone-Farbexperten ans Herz legen. Aber natürlich darf, mindestens außerhalb des Weißen Hauses, über den trendigsten Gelbton diskutiert werden. Schließlich haben wir die Wahl zwischen so schönen Varianten, wie Zitronengelb, Schwefelgelb, Goldgelb, Sumpfdotterblumengelb, Narzissengelb, Rapsgelb, Safrangelb, Senfgelb, Indischgelb und, und, und. Die Entscheidung, welche der vielfältigen Gelbnuancen sich nun am besten mit der vorhandenen Einrichtung oder dem eigenen Hautton verträgt, muss jeder für sich oder mit einer Person des Vertrauens entscheiden. Nicht verkehrt ist es allerdings, den Tipp des Kleiderhauses Ludwig Beck im Hinterkopf zu haben: „ Achten Sie darauf, dass Sie einen Gelbton wählen, der Sie nicht noch blasser macht oder Ihrem Teint einen Grünstich verleiht.“