Januar in Paris

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Junge Hipster im sandfarbenen Kamelhaarmantel, Männer und Frauen in trendiger Athleisure Wear, Jogginghosen, Baseballjacken, Sneacker der neuesten Generation, zwei Japaner in kreischend bunten Leggings, darüber kimonoartige Gewänder und mit Hüten auf dem Kopf, die an die Kopfbedeckungen chinesischer Reisbauern erinnern. Um 6:30 Uhr morgens versammelt sich unverkennbar eine Fashion Crowd am Gate C 48, auf dem Flughafen Tegel. Unausgeschlafen, aber unverkennbar gestylt. Ihr Ziel ist Paris. Die Männerschauen für den Winter 2017/18 haben gerade begonnen, in den Hallen der Interieurmesse Maison & Objekt wird edles und weniger edles für die Ausstattung der eigenen vier Wände angeboten. Es gibt also viele Gründe, sich für eine Reise nach Paris besonders hübsch zu machen.

Die Jacke wirkt, als habe sie schon etwas erlebt.

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Präsentation Maison Margiela Men, Winter 2017

Nach der Ankunft erstmal einen Café Creme in der Rue Turenne, was sich gut mit der Präsentation der neuen Maison Margiela Kollektion verbinden lässt. Im ersten Raum wird „Margiela Men Winter 2017“ nur auf Fotos gezeigt, erst im zweiten sitzen ein paar Jungs im Halbkreis und präsentieren, wie die Looks getragen aussehen. Sie wirken ein wenig wie Studenten, die Kaffeepause in der Mensa machen.Ein überlanger Mantel mit Fischgrätenmuster und fransigem Leinwandfutter ist ein gutes Beispiel für die konzeptionelle, intellektuelle Kollektion. Typisch Margiela. Überweite Mäntel, weite, aber verkürzte Hosen, die bis über den Bauchnabel gezogen den Mann etwas unbeholfen dastehen lassen. Einer Lederjacke fehlen die Arme, sie ist aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt, ein Patchwork mit Patina. Diese Jacke sieht aus, als habe sie schon etwas erlebt.

Die Männer, die die Mode in Paris vorstellen, sind Typen, keine Beaus. Sie sind lang und schmal, mit große Nasen, markanten Wangenknochen, schmalen Augen. Sogenannte schöne Männer haben es gerade schwer auf dem Modelmarkt. Androgynität ist auch hilfreich, um gecastet zu werden. Bei der Schau des Labels JuunJ wechseln sich Damen- und Herrenmodelle ab. Auf den ersten Blick ist manchmal nicht zu unterscheiden, wer da gerade im übergroßen Mantel, schmalen Lederhosen und auf hohen Absätzen an einem vorbeiläuft. Zeltartig groß sind Jacken und Pullover. Es sind Körperverhüllungen für androgyne Gestalten, die manchmal fast verstörend wirken. Nicht verkehrt für eine Kollektion, die zeitgemäß und relevant sein will.

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Juun J Men, Winter 2017

Ein Großvater war Schneider, der andere Austernfischer

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Officine Generale Men, Winter 2017

Ganz dem französischen Stil hat sich Pierre Mahéo, Creative Director von Officine Générale verschrieben. Sein einer Großvater war Schneider, der anderer Austernfischer. Massgeschneiderte Anzüge, gestreifte Baumwollshirts und Chinos trugen seine beiden Rollemodels. Andere wie Roger Vadim oder Francois Truffaut kamen dazu. Kein Wunder, dass Officine Generale seit 2012 für Männermode steht, die die Balance zwischen lässig und elegant so gut zu wahren weiss. Und natürlich „ très chic“ ist sie auch. Lieblingsgteile? Die ausgefranste Jeansjacke unter dem Sakko, die Kombination von rosa mit oliv, die weisse Jeans im Winter…

Großes Mode-Kino bietet Givenchy in der Bibliothèque nationale de France. Die eindrucksvollen Galerien mit Büchern sind indirekt beleuchtet und wachen gewissermassen über die Show. In einem großen Kreis in zwei Reihen sitzen die Besucher. Unter ihnen Carla Bruni Sarkozy, die erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erhält. Ruhm ist vergänglich. Die Kollektion von Ricardo Tisci zeigt eine neue Art von Eleganz in starken Farben: Orange, Rot, Schwarz, auf Sweatshirts große Monstermotive, karierte Hemden mit großen Kragen, teils mit Rüschen. Die Hemden werden wie Kleider über den feinen Stoffhosen getragen. Zweireihige Jacken schmücken große Knöpfe. Streifen, Sterne, Karos sind die typischen Givenchy Codes.

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Givenchy Men, Winter 2017

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Backstage Paul Smith, Winter 2017, Sonny Vandevelde

Paul Smith zeigte 1976 in Paris seine allererste Schau. Wenn er nun hierher zurückkehrt und zum ersten Mal seine Damen und Herrenkollektion gemeinsam zeigt, ist das Rückblick und Neuanfang zugleich. Die Kollektion bietet mitten in Paris „english Style“. Karostoffe für Hosen, Jacken, Anzüge sind typisch, genauso wie große Trench- und Dufflecoats. Als Motiv auf Blusen für Damen und Hemden für Herren wiederholen sich bunte exotische Federn. Vieles in der Kollektion ist unisex. Die Damen- und die Herrenkollektion ergänzen sich in der Schau und zeichnen gemeinsam das Bild der Marke noch stärker. Dass Paul Smith ein Freund der Kunst ist, zeigt die Location der Schau, die Ecole Nationale des Beaux-Arts.

Eine Hölle voller Nippesfiguren

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Parallel zu den Männerschauen stellt die Interieur-Messe Maison&Objet aus, was das Heim verschönern soll. Einige Hallen sind ausschließlich dem Kitsch der allergrässlichsten Sorte gewidmet. Sie sind eine Hölle voller Nippesfiguren, schauerlichen Bildern, Kunstblumen und allem was man unbedingt als schlechten Geschmack bezeichnen muss. In anderen findet man, was das tägliche Leben komfortabler macht: Kaschmirdecken, Kessen in allen Variationen, Porzellan und Besteck und die Ausstattung für die Küchenshow zuhause. Das schönste Glas kommt aus der tschechischen Republik. Einen Wohntrend hier zu suchen ist vergeblich. Für jeden ist etwas dabei, an jeden soll verkauft werden. Landhausstil, Out of Africa oder Schleiflack. Was immer sie wollen.

Früher hätten viele Künstler es abgelehnt, mit Mode in Verbindung gebracht zu werden. Heute sind die Grenzen fließender, man inspiriert sich gegenseitig. Was liegt also näher als ein Galerienspaziergang im Marais, der sich gut mit den vielen Präsentationen der Modelabels, die die Nähe der Kunst suchen, verbinden lässt. In der Galerie Perrotin werden Bilder des Belgiers Peter Vermeersch gezeigt. Seine zarten Farbverläufe auf großen Marmorplatten kontrastieren die natürlichen Strukturen des Steins. In den Spiegelungen der Minimal Art des Schweitzers Pierre Schwertzmann in der Galerie Suzanne Tarasieve wird der Betrachter selbst Teil des Kunstwerks. Die neuen farbstarken Bilder von David Salle in der Galerie Thadeus Ropac sind mit ihren sich überlagernden, figürlichen und abstrakten Motive, Eyecatcher. Dass Salle auch bühnen- und kostümbildnerisch gearbeitet hat und die Plakativität seiner Arbeit lassen ihn besonders „fashionable“ wirken.

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Peter Vermeersch, Galerie Perrotin, Paris – David Salle, Galerie Thadeus Ropac, Paris

Ein paar Tage später am Flughafen trifft sich die aufgekratzte Berliner Fashioncrowd wieder. Eine Facette unserer bunten, offenen Welt. Aus Angst vor Anschlägen kommen in den letzten Jahren weniger Touristen nach Paris. Wir kommen wieder.