ZEITGEIST: Komfortzone Wer schön sein will muss leiden? Vielleicht beim plastischen Chirurgen!

Die Mode tut alles, um uns fit und aktiv aussehen zu lassen und verändert durch den Mix von Sport-, Street- und manchmal auch Homewear das Strassenbild in Richtung Komfortzone.

Zum Faltenrock wird die Baseballjacke getragen, Jogpants mit rahmengenähten Schuhen kombiniert, die Pyjama Hose mit High Heels, die Stoffhose dagegen mit Sneaker und weitem Hoodie. Weiche Baumwollstoffe, Jersey, Stretch-Denim, Sweatshirtstoffe treffen auf Seide, Leder und Samt. Ein Stilmix, der modische Sicherheiten aufbricht und auch offizielle Looks verändert. Nicht mehr zwingend der maßgeschneiderte Anzug signalisiert Erfolg, sondern eher der neueste Sneaker, federleicht und luftgepolstert, limited Edition in der Preislage eines City Trips. Einer wie Mark Zuckerberg wird zum modischen Role Model.

 

 

Das konnte selbst Lagerfeld nicht verhindern

Die Fusion von High Fashion Streetwear und Sport verändert nachhaltig unsere Kleidungsgewohnheiten und Geschmacksvorstellungen. Tatsächliche Funktion spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, es geht um den Look und die Optik. Diese sportiven Outfits sind nicht gemacht, um sich auf den nächsten Marathon vorzubereiten. Aber sie deuten an, dass man dabei ist. Fashion und Komfort, ein Paar, dass sich modehistorisch quasi verbot, hat im 21. Jahrhundert eine große Koalition geschlossen. Das konnte selbst Lagerfeld nicht verhindern, der 2012 apodiktisch bei Markus Lanz verkündetet: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, 2014 verlor der Meister des Bonmots dann selbst die Kontrolle über den Zeitgeist und ließ seine eigenen Models in Jogginghosen und Sneaker in einem Supermarkt herumspazieren. Die Models hießen unter anderem Cara Delevingne, damals 21, und der Supermarkt war eine Stück Pop Art made by Chanel, aufgebaut im Pariser Grande Palais. 2014 dämmerte also auch Lagerfeld, was die modische Stunde schon eine Weile schlug. Vielleicht hatten ihm seine jungen Models etwas ins Ohr geflüstert. Mit seiner Bemerkung zur Jogginghose würde er heute so alt wirken wie er ist. Mindestens seit 2012 sind also Jogginghosen und damit Sportswear ein fashionables Thema. Und da große Modetrends, entgegen aller Behauptungen, überhaupt nicht kurzlebig sind, bestimmen auch schon absehbar 2018 Sport und Freizeit die Mode. Das ist kein kurzfristiger Jogging- oder Yoga-Hype, sondern ein Mega Trend, der einem veränderten Lebensgefühl entspricht. Freizeit und Arbeit verschwimmen bei vielen, immer wichtiger werden der Mut querzudenken, schnell zu sein, sich neuen Anforderungen zu stellen. Der Mix der Stile spiegelt auch die vielen, widersprüchlichen Facetten des modernen Lebens. Schön, wenn die Mode etwas Raum für Bewegung lässt. Sport steht aber nicht zuletzt auch für Disziplin. Dass aus der Vielzahl der sportlichen Disziplinen, die die Mode beeinflussen, ganz aktuell das Ballett an Bedeutung gewinnt, deutet an, wie anstrengend die neue Lässigkeit machmal auch sein kann.