Lashes – Enough is enough!

 

Trends laufen irgendwann aus oder aber werden so extrem, dass sie beginnen, lächerlich zu werden. Daran kann man erkennen, dass sie passé sind. Heute schlendern in Paris Chefredakteurinnen lässig in Sneakern zu ihrem Front Row Platz. Vor einigen Saisons brauchten Kolleginnen immer wieder eine stützende Hand, weil sie auf ihren hohen Plateauschuhen kaum noch balancieren konnten. Oder im Rokoko, um ein historisches Beispiel zu nennen, waren die Perücken irgendwann so hoch, dass sie sich mitunter an den Kerzen der Kronleuchter entzündeten. Der zunehmenden Dekadenz der Epoche machte die Französische Revolution ein Ende. Heute kann man bei Google allein zum Thema Wimpernverlängerung weit über zwei Millionen Einträge finden: Was die teuflischen Klumpfüße in der Mitte des 20. Jahrhundert und die Perücken im Rokoko waren, sind aktuell die „Lashes“. So viel Wimper war nie. Manche Mädchen können die Augen kaum noch öffnen, oder man fragt sich, haben sie überhaupt Augen unter den schwarzen Fliegenbeinen? Wimpern sind eigentlich dazu da, die Augen vor Schmutz und Staub zu schützen. Nach 100 bis 150 Tagen fallen sie aus, circa 150 bis 250 Wimpern in unterschiedlichen Längen hat der Mensch durchschnittlich am Oberlid. Wimpern könnten getuscht, gebogen, gefärbt und eben verlängert und aufgefüllt werden. Keine Frage, dunkle, volle Wimpern machen das Auge ausdrucksvoller und den Blick verführerischer. Ein koketter, schläfriger oder geheimnisvoller Wimpernschlag hat schon manchen Flirt eröffnet. Aber man kann es eben auch übertreiben. Frauen mit besonders üppigen Verdichtungen und Verlängerungen berichten davon, dass sie wie durch einen schwarzen Schleier schauen. Richtig viele Wimpern stoßen beim Blinzeln auch schon mal ans Oberlid. Das sollte doch zu denken geben. Dass für die Schönheit mitunter auch gelitten werden muss, ist eine Binsenweisheit. Leid hin oder her, vom Weinen ist mit falschen Wimpern abzuraten. Auch von Freudentränen und überhaupt jeder Art von Flüssigkeit. Sie tut den falschen Härchen gar nicht gut. Augen waschen, Augen reiben? Besser nicht! Gerade unter der Dusche eine Herausforderung. Die angeklebten Wimpern fallen mit den eigenen alle vier bis fünf Wochen aus. Dann muss sowieso nachgeklebt werden. Das muss bezahlt werden. So wie die ganze Prozedur. Erstmaliges Auffüllen so um die 200 Euro. Das Nacharbeiten kann auch bis zum Hunderter kosten. Zeitfaktor in etwa zwei Stunden. Wenn es schneller geht, ist das eher ein schlechtes Zeichen. Dass Wimpern kleben, ist schließlich Feinarbeit. Die verlangt Geduld. Damit nicht schon nach zwei Wochen erste Lücken entstehen, empfiehlt es sich, auf dem Rücken, mindestens auf der Seite zu schlafen. Nächtliche Bewegungen und Druck tun der Pracht am Auge nicht gut.

„Wimper oder nicht Wimper?“

 

Frauen, die sich dazu entscheiden, den eigenen Wimpern wieder eine Chance zu geben, berichten von regelrechten Schockzuständen, wenn sie in den Spielgel schauen. Das eigene Auge kommt ihnen am Anfang nackt, kahl und blass, der Blick stumpf und müde vor. Bei einigen soll es zu regelrechten Entzugserscheinungen kommen. In Internetforen spricht man sich gegenseitig Mut zu. „Halte durch, das geht vorbei.“ Als Gründe, sich von der künstlichen Wimpernpracht zu trennen, werden der finanzielle Aufwand, die Einschränkungen bei der Gesichtspflege und die „Verstümmelung“ der natürlichen Wimpern genannt. Nach durchgestandenem Entzugsprozess ist die Freude an der eigenen Augenpracht dann um so größer. Manch eine, das kann Mann ebenfalls in einschlägigen Chats lesen, grübelt ein halbes Jahr über das Thema „Wimper oder nicht Wimper?“ nach. Alle denen, die also noch mit sich ringen, sei gesagt: Jeder Trend, jede Angewohnheit birgt die Gefahr, in sich zu überdrehen. Bei den Wimpern ist das definitiv der Fall. Genauso wie man irgendwann sein eigenes Parfum nicht riecht und zu viel aufträgt, ist mehr Wimper nicht zwangsläufig auch die schönere Wimper. Außer Bollywood Stars sind das Schönheitsideal. Wohlmeinenden Freunden oder Kolleginnen sollte man dankbar für einen Hinweis sein. Wer sich gerne schminkt und pflegt, vielleicht sogar in der Beautybranche arbeitet, kann betriebsblind werden für zu stark gezupfte Augenbrauen, zu viel Farbe im Gesicht oder eben zu viel Wimper am Lid. Die vielen Beautyblogs, YouTube Webinars und die dazugehörigen Influencerinnen haben daran ganz sicher ihren Anteil. Interessant, dass scheinbar im Gegensatz zur Künstlichkeit vieler Make-up Looks, Detox, Organic und nun auch Clean Beauty, also nachhaltige Herstellung, nicht nur in der Pflege, sondern auch in der dekorativen Kosmetik immer gefragter werden. Urlaub, Sommer, Sonne, Meer sind oder waren vielleicht eine gute Gelegenheit mal abzuschminken. Den Lashes bekommen Wasserspiele sowieso nicht gut. Eine gute Gelegenheit also, die eigene natürliche Schönheit wieder zu entdecken. Sie zu betonen, nicht zu überschminken, das ist wirklich beautiful.