Männermode – Style ist was Mann trägt Von Nikolas Feireiss

In Italien gibt es im Januar immer Mode im Doppelpack. Zuerst zeigen in Florenz auf der Pitti Uomo Hersteller aus aller Welt ihre Kollektionen in den Hallen des Fortezza da Bazzo, einer historischen Festungsanlage. Nur wenige ausgewählte Gastdesigner präsentieren sich auch mit einer Schau, diesmal neben anderen junge Talente aus Japan. In Mailand, gleich im Anschluss, beginnt dann das Schaulaufen der italienischen Luxusbrands. Gerade in der Männermode ist momentan viel in Bewegung. Einige große Labels, etwa Gucci oder Bottega Veneta, haben inzwischen die Damen- und Männerschau zusammengelegt. Das sei zeitgemäßer und die Kollektionen sowieso aus einem Geist entstanden, lautet die Begründung. Andere schicken bewusst keine Männer mehr auf den Catwalk. Männermode sei mehr auf das Produkt fokussiert, müsse angefasst, im Detail und aus der Nähe betrachtet werden. Anders als bei den Damen ginge es schließlich nicht darum, etwa fließende Seiden, Volants oder Schößchen in Bewegung zu sehen. Bei den Damen sei das Atmosphärische, die Emotion, die nur eine Schau vermitteln kann, von größerer Bedeutung. Na ja, das kommt ganz auf die Schau an. Wenn man bei Marni über knirschenden Rollsplitt läuft und sich in der Kulisse eines sehr dekorativ zusammengestellten Sperrmüllplatzes, zum Beispiel auf einem ausrangierten Röhrenfernseher oder Wasserkanister, niederlässt, erfreuen sich die eingeladenen Männer durchaus daran. Und die Kulisse passt dann auch gut zu der wild zusammengewürfelten Kollektion, wo mal eine Decke als Mantel dient, bunte Ketten über groß karierten Mänteln getragen werden oder lange gestreifte Hemden über der Hose und unter dem kurzen grob gestrickten Pullover. Das phantasievolle, mal mehr, mal weniger dekorative Durcheinander ist ein gemeinsamer Nenner der unterschiedlichen Schauen.

Eine Krone ist der angemessene Schmuck

 

 

 

Selbstbewusst zu Stil erklären, was man sich gerade übergeworfen hat, lautet das Motto. Etwa auch bei Versace, einem Label, für das eine Sperrmüllkulisse natürlich undenkbar wäre. Hier nimmt man auf goldenen Stühlchen Platz, bevor es einem schwindelig wird angesichts des wilden Mix der Prints, der Zebra- und Tigerstreifen, der großen Karos, all des Glanzes von Samt und Seide und der lauten Farben, „Bescheidenheit ist eine Zier, weiter kommt man ohne ihr“. Der Versace Mann jedenfalls wird im nächsten Winter nicht zu übersehen sein. Das gilt übrigens auch für die Jungs, die sich in Dolce & Gabbana kleiden. Unter dem Motto ‚King’s Angels‘ liefen fast nur Söhne berühmter Eltern in opulent geschmückten Anzügen, Mänteln oder Jacken über den Laufsteg. Allesamt Millenials, die, mit optimistischem Übermut und der Gnade der reichen Geburt gesegnet, glauben, eine Krone sei der angemessene Schmuck für sie. Nicht zwingend ausschließlich für rich Kids, dafür aber auch jung und eklektizistisch, ist die Männermode von Diesel Black Gold und MSGM. Die Inspirationen für die Diesel Black Gold kommen aus Peru Island, Afrika, Europa, Indien und und und, also so ziemlich aus der ganzen Welt. Kombiniert mit einer Prise Punk und den verfilzten Frisuren mit ihren Zöpfchen entsteht ein Look, den reifere Berliner aus der sogenannten Alternativszene der 80er Jahre kennen. Das junge italienische Label MSGM wiederum zeigt sich mit seiner teilweise an die der diversen Kurierdienste erinnernde Arbeitskleidung auf der Höhe der Zeit. Elemente von Work- und Sportswear, genauso wie Outdoormode beeinflussen nämlich alle relevanten aktuellen Männermode Kollektionen. In Florenz hatte etwa schon die Z Zegna Kollektion, bei der Sport- und Outdoormode auf klassische Herrenschneiderei trifft, von sich Reden gemacht. Wenn hochglänzende Kunstfasern und grobe Wolle in einem Outfit vereint sind, wirkt der Mann modern und zeitgemäß männlich. Große Karos, Tweed oder sehr breiter Cord in Off-White oder schmutzigem Rosa sind andere Möglichkeiten männlicher Kleidung Rustikalität zu geben, ohne Holzfäller Klischees zu bedienen. Alles Zutaten, die sich in vielen Kollektionen wiederfinden. Flaschengrün, Orange, Violett, Senfgelb gehören auch zu der reichen Farbpaillette, in der der Mann sich präsentieren kann. Das ursprünglich belgische Label Dirk Bikkenbergs war schon immer dafür bekannt, Elemente des Sports in seine Männermode einfließen zu lassen. Vielleicht gelingt hier deswegen der Spagat zwischen klassischer Männer- und Freizeitkleidung so gut. Ein klassischer karierter Mantel bekommt etwa Strickbündchen an die Ärmel. Hosen im Workerstyle, kurz geschnittene Jacken mit aufgesetzten Taschen zu lässigen Hosen, oft mit Bundfalte, das alles wirkt genauso lässig wie zeitgemäß.

Der Mann auf der Suche nach sich selbst

 

 

 

Nylon ist ein Material, das aus der Mode nicht mehr wegzudenken ist, gerade auch jetzt, wo es so vielen Kollektionen in Kombination mit Wolle den modernen Touch gibt. Miuccia Pradas Taschenkollektion aus schwarzem Nylon von 1984 war quasi der Startschuss für das Comeback des Labels in der Modeszene. Für die aktuelle Männerschau wurden jetzt vier international renommierte Produktdesigner und Architekten gebeten, ein Teil aus schwarzem Nylon zu entwerfen. Die Nylontaschen waren damals nicht nur neu, sondern auch praktisch. Ob das auf die aktuelle, eher experimentelle Kollektion zutrifft, wird sich zeigen. Die gepolsterten Jacken und auch Hosen wirken bewusst technisch, viele Modelle erinnern an Arbeitskleidung, Uniformen, wie wie man sie vielleicht auch am neuen Ort der Schau trägt. Sie findet zum ersten Mal im sogennannten Prad Warhouse statt, einer Art Packstation, die zur Fondazione Prada gehört. Auch die ID Karten, die die Models tragen, betonen den Workwear Charakter. Workwear, Outdoor und Sport, also “typisch männliche“ Themen geben der Mode neue Impulse. Vorgeführt wurde sie von meist blassen, androgynen und besonders schmalen jungen Männern. Sie stehen für weichere Männer, die, so so suggeriert es mindestens die Mode, nach einem neuen Ausdruck von Männlichkeit suchen. Animal Print, Blümchendrucke, Arbeitshosen, Seide und Nylon, Schutz und Nostalgie: Die aktuelle Männermode setzt sich aus sehr disparaten Elementen zusammen. Das ist nicht immer überzeugend, aber wohl ein realistisches Bild vom Mann auf der Suche nach sich selbst.