Mode ist nach vorne gerichtet, auf Abwechslung aus. Klar, Vintage-Kleider sind ein Trend, aber ein Schrank nur voller guter Kleider, die noch ihren Dienst tun, ist nicht damit gemeint. Manufactum, das Warenhaus mit den guten Dingen, die es noch gibt, ist tatsächlich kein Anbieter, mit dem man Modekompetenz verbindet.
Es steht aber ohne Frage für Qualität und Nachhaltigkeit, auch einen Sinn für das traditionell Schöne, vom Wohn- bis zum Gartenaccessoire, würde man dem Angebot ohne Weiteres bescheinigen. In der textilen Abteilung werden aber selbst treueste Manufactum-Kundinnen bislang eher den warmen Pullover oder die wetterfeste Jacke für den Ausflug ins Havelland gesucht haben als die Bluse für die Theaterpremiere oder das Kleid für die Vernissage in Berlin-Mitte. Das soll sich ändern. Manufactum traut sich was.
Den Schritt in Richtung Modernisierung, in Richtung Modernität, ja in Richtung Mode. Mode – die zum Unternehmen passt natürlich.
Die Herstellungsgeschichte macht den Preis nachvollziehbar
„Schlichte Avantgarde und gut kombinierbare Basics“, so die Pressemeldung, halten Einzug in die Geschäfte. Alles nachhaltig produziert natürlich. Magdalena Schaffrin, die Initiatorin der Ethical Fashion Show, einer Berliner Messe für fair produzierte und ökologische Bekleidung, und des „Greenshowroom“, auf dem sich die Premiummarken des Segments vorstellen, unterstützte die Leiterin der Markenentwicklung von Manufactum, Christine Fehrenbach, bei der Auswahl der Labels, die neu ins Sortiment gekommen sind. Und auch bei der Entscheidung, was rauskommt. „Das Angebot sollte moderner werden, aber nicht zu trendorientiert, weiblicher und auch die Preisrange sollte breiter sein“, sagt Schaffrin. Allerdings, die neuen Kleider bei Manufactum mögen ihren Preis wert sein, billig sind sie nicht. Es gibt jetzt aber zum Beispiel neben der avantgardistischen weißen Bluse des Berliner Labels Umasan für 229 Euro auch ein Langarmshirt von Wunderwerk für 65 Euro. Moderne Kleidungsstücke, die sich in die vorhandene Garderobe integrieren und am besten zu Lieblingsstücken werden, war ein Kriterium der Manufactum-Kuratorin Schaffrin. Nicht die immer nur gleichen Klassiker sollen im Laden liegen, sondern saisonal wechselnde Kollektionen in zeitgemäßem Design. Über hundert neue Produkte bedeutet das konkret. „Gerade im High-End-Bereich der Mode, in dem wir uns bewegen“, sagt Anja Uman von Umasan, ist es wichtig, dass nicht nur Passform und Design stimmen, sondern dass die Kleider auch etwas erzählen. Dazu gehört die Herstellungsgeschichte, die dann auch den Preis nachvollziehbar macht. Manufactum sei für ihre Kollektion ein geeigneter Ort mit den passenden Kundinnen. Die Designerin Aleks Kurkowski, die Berlin gerade in Richtung Düsseldorf verlässt, sagt, dass das Thema Nachhaltigkeit für viele Warenhäuser beim Einkauf kein zentrales Thema ist. Insofern sei das Interesse eines für qualitativ hochwertige Produkte bekannten Geschäfts für fair produzierte Designerkleidung eine Chance. So sieht das auch Anja Uman.
Öko-Mode ist ein Nischenmarkt – ein boomender
Solange kein großer Markenname dahinter stünde, sei Nachhaltigkeit in der Mode in der Regel noch kein Verkaufsargument für den Handel. So ist das neue Manufactum-Konzept eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Manufactum gibt ein Signal der Modernisierung allein schon durch die Schaufenster, wo der alte ländlich konservative Landadel-Look abgelöst wurde durch moderne, aber nicht laute, Designerkleider. Und die neuen Labels haben einen starken Partner gewonnen, der sie präsentiert. Die vorhandenen Kunden empfinden den Modernisierungsschub als Bereicherung. „Wir haben positive Rückmeldungen von treuen Kunden und den Multiplikatoren, denen wir die neue Auswahl vorgestellt haben“, berichtet Christine Fehrenbach. Die typischen Manufactum-Kunden sind 50 Jahre und älter. Ab sofort, so ihre Erwartung, findet auch die anspruchsvolle Kundin ab 30, die Wert auf Nachhaltigkeit und Design legt, etwas in der Abteilung Bekleidung. Auch Hessnatur übrigens beschreitet neue Wege. Das Unternehmen, gegründet 1976 stand mit seiner „Bio-Kleidung“ bislang nicht unter Hipster-Verdacht. Das soll sich ändern. Öko-Mode ist zwar ein Nischenmarkt, aber ein boomender. Zwei Designer, Tanja Hellmuth und der Berliner Tim Labenda bringen modischen Schwung in die Traditionsmarke. Alles Zeichen, dass sich das Verständnis von Mode in einem Wandel befindet. Auch H&M ist mit seiner Conscious Collection am Thema nachhaltige Mode, Stella McCartney am anderen Ende der Skala verwendet für ihre Luxusmode nicht einmal mehr Leder. Natürlich gibt es die Billiganbieter mit Kleidern, die schon nach der ersten Wäsche und spätestens mit Ablauf der aktuellen Saison alt aussehen. Ein wirklicher Trend ist aber eine Garderobe, die sich aus qualitativ hochwertigen, gelebten und neuen Teilen aufbaut und aus besonderen Einzelteilen, die vorhandene Basics ergänzen. Als Manufactum 1988 gegründet wurde, boomte noch die Wegwerfkultur. Das Unternehmen wollte Kontra geben. Jetzt ist die Zeit gekommen, moderne Produkte zu finden, die das Konzept nicht verraten, sondern es im Gegenteil in die Zukunft führen. „Es gibt sie, die neuen guten Dinge“, so könnte der Wahlspruch lauten, der Manufactum aus der betulich-konservativen Ecke holt. „Es geht um eine Weiterentwicklung“, betont Christine Fehrenbach, nicht um ein neues Konzept. „Es wird weiter die guten, bewährten Dinge geben, aber auch Neues, das dem Manufactum-Gedanken entspricht.“ Was bietet sich besser an als moderne Kleider, um diese Weiterentwicklung zu kommunizieren.