Mode Herbst Winter 2014/15 Fuchs und Hase auf dem Laufsteg

Herbst/Winter 201415 Dolce & Gabbana

Dolce & Gabbana Herbst/Winter 201415
Foto: Dolce & Gabbana

Der Wald und seine Bewohner, man könnte auch allgemeiner sagen, die Schönheit der Natur, beschäftigen viele Designer auf mitunter geradezu naive Art und Weise. Die Eulen auf dem himmelblauen Kleid mit Sixties-Flair von Dolce & Gabbana schauen einen mit großen Augen an und scheinen der Illustration eines Kinderbuchs jener Jahren zu entstammen. „Es war einmal in Sizilien“ war das Thema der Schau. Und die rote Pelzkapuze, die das Model auf dem Kopf hatte, das den Look 21 mit applizierten Füchsen auf dem kurzen Kleidchen vorstellte, hätte Rotkäppchen sicher auch gut gestanden. Apropos Wolf.

Dolce & Gabbana Herbst/Winter 2014/15 Foto: Dolce & Gabbana

Dolce & Gabbana Herbst/Winter 2014/15
Foto: Dolce & Gabbana

Er war das große Thema bei Antonio Marras. Ein voller silberner Mond hing über seinem Showroom. Auf den Bildschirmen, die überall im Raum aufgestellt waren, heulten Wölfe, wie es sich für sie im Angesicht des Mondes gehört. Herman Hesses Steppenwolf war eine der vielen Quellen der Inspiration, die Marras – der lange Chefdesigner bei Kenzo war und wie das Duo von Dolce & Gabbana aus Sizilien stammt – neben Joseph Beuys oder dem Film Blade Runner angab. Wer möchte schon von einem Modemacher verlangen, dass er sich auf ein Thema festlegt. Es waren aber eben die Wölfe auf Pullovern, Kleidern und Mänteln nicht märchenhaft, sondern eher Pop-Art-artig, die das Gesamtbild der Schau bestimmten.

Max Mara Herbst/Winter 201415

Max Mara Herbst/Winter 201415
Foto: SGP

Nicht ganz so niedlich wie bei Dolce & Gabbana, in den Wald im weiteren Sinne aber, führten beide Schauen. Die flachen Schuhe und der Bezug zur Kunst von Beuys und der Pop-Art schaffen den Link zu den vergangenen Saisons, in denen Sport und Kunst die bestimmenden Inspirationsquellen vieler Designer waren. Sie werden nicht ersetzt, aber in diesem Herbst mindestens ergänzt durch einen besonders liebevollen Blick auf die Natur. Organische Formen, Blätter und Blüten in vielfältigen Formen, Ast-Strukturen, Waldtiermotive vom Eichhörnchen bis zum Fuchs, Federn, abstrakt und echt, gehören zur modischen Ausstattung des Herbstes.

Marni Herbst Winter 2014/15 Foto: Marni

Marni Herbst/Winter 2014/15
Foto: Marni

Mutter Natur steht für das Bodenständige, für Innerlichkeit und Rückzug

Die Beschäftigung der Mode mit dem Sport führte zu einer Weiterentwicklung von Materialien, zu einer Dynamisierung und Lässigkeit von Tages-, aber auch der Abendgarderobe. Neopren, Latex, PVC und diverse Kunstfasern werden inzwischen mitunter sogar im Patchwork mit Pelz verarbeitet. Sport und Mode stehen für Dynamik, Körperlichkeit, Physis. Bei der Kunst ist das Thema die Sinnsuche, Intellektualität, die subtile Anspielung und auch die schöne Oberfläche. Mondrian, Yves Klein oder Brassaï als Stichworte genannt in Pressemeldungen und Interviews, lassen tiefsinnige Interpretationen einer Kollektion zu – Rückschlüsse auf die Intellektualität des Designers, der Designerin sind durchaus erwünscht – und stören angenehmerweise nicht das ästhetische Empfinden modischer Feingeister. Wenn nun die Natur als dritte Quelle der Inspiration ins Feld geführt wird, ist das Trio perfekt.

Herbst/Winter 201415 Prada

Prada Herbst/Winter 201415
Foto: Prada

Mutter Natur steht für das Bodenständige, für Innerlichkeit und Rückzug aus der digitalen Scheinwirklichkeit. Nicht zu vergessen, dass die putzigen Tiere und die erdenschweren Farben auch als Zeichen ökologischen Bewusstseins gewertet werden können. Mit Natur, Sport und Kunst hat die Mode also zentrale Themen des 21. Jahrhunderts unter ihre Fittiche genommen. Sport und Natur kommen beim Thema Outdoormode, die immer mehr auch die Alltagsmode beeinflusst, sogar perfekt zusammen.

Für einen Spaziergang, in den Wald oder auch den Cenral Park

Steppmäntel und -jacken gehen bei so unterschiedlichen Labels wie Max Mara oder etwa der New Yorkerin Donna Karan über den Laufsteg. Auch wenn Karan, die gerade ihr 30-jähriges Jubiläum gefeiert hat, angibt, dass sie vor allen Dingen von New York inspiriert wurde, der Stadt also, in der sie berühmt wurde: Wie sie Braun mit Braun kombiniert, lässt schon vermuten, dass sie Ausflüge in die schönen Landschaften ihres Bundesstaates zumindest hin und wieder für angebracht hält. Auch ihr New Yorker Kollege Michael Kors, berühmt für seinen Jet-Set-Glamour-Chic, zeigte eine Kollektion mit überwiegend erdverbundenen Farben, langen Röcken und viel Wolle. Immer noch sehr sophisticated, aber weniger Bling Bling, als man schon bei ihm gesehen hat.

Marni Herbst Winter 2014


Marni Herbst/Winter 2014/15
Foto: Marni

Seine Kollektion ist sicher nicht für den Wald gedacht, aber für einen langen Spaziergang weit in den Central Park doch ziemlich gut geeignet. Bei Max Mara stehen die schottischen Highlands für das Thema der Saison. Tweed, Prince-of-Wales-Karos und Strick in vielerlei Varianten schaffen einen rustikal modischen Look, der einen Bruch erfährt, wenn hochglänzende PVC-Kleider, Blusen oder Röcke dazu kombiniert werden. Als ob Wasser über sie gegossen sei, wirken diese Teile, und bilden einen überraschenden Kontrast zu den Erd- und Steintönen: wie ein dunkler Gebirgsbach, der durch eine herbstlich gefärbte Landschaft fließt.

So hübsch hatte man sich Waldfeen gar nicht vorgestellt

Orange, lehmiges Braun, Moosgrün, Oliv und Blattfarben in allen Schattierungen, wie etwa bei Fendi, Jil Sander oder Alberta Ferretti sind die Farben der neuen Natürlichkeit, die sich in höchster Schneiderkunst präsentiert. Alberta Ferretti ließ wissen, dass sie aus ihrem Schlafzimmer direkt in die Natur in ihrer ganzen Schönheit schaut, auf Bäume und Vögel, dass sie also quasi in ihrem eigenen Wald lebe. Dieses Glück brachte sie auf den Laufsteg und ließ das Modevolk daran teilhaben. Atemberaubend die Verarbeitung der Federn auf zarten Cocktailkleidchen. So hübsch hatte man sich Waldfeen gar nicht vorgestellt. Auch bei Marni flattern Federn an langen Wollröcken oder sind neben Strass auf eine Korsage gearbeitet.

SPORTMAX Herbst/Winter 201415

SPORTMAX Herbst/Winter 2014/15
Foto: SGP

Wie mit Gras besetzt wirkt ein kleines Cape zum fast knöchellangen braunen Wollkleid. Auch das moosgrüne Kleid aus langhaarigem Ziegenfell von Prada ist eine Facette dieser neuen Natürlichkeit, die von artifiziell, bei Marni, Ferretti, bis zu kindlich naiv, etwa bei Dolce & Gabbana, reicht. Übersetzt für den Alltag ist der neue Waldlook gekennzeichnet durch Materialien wie Loden, Filz, Leder, Tweed und Muster wie Hahnentritt oder Schottenkaros. Oberflächen wirken dank neuer Verarbeitungstechniken wie dunkle Erde oder Baumrinde, sie sind gecruncht, gesmokt, gefältet, in irgendeiner Weise dreidimensional. Pelz, der lange Zeit eher kurz oder geschoren getragen wurde, ist verstärkt auch wieder langhaarig im Angebot und damit animalisch-archaischer. Typisch sind Materialmix und Patchwork, außen Alpaka, innen Kaschmir, etwa beim Doublefacepullover von Jil Sander. Kontraste entstehen durch das Nebeneinander von fein und rustikal, etwa auch von Spitze und Tweed, Flanell und grobem Strick. Gold- und Metallic-Akzente tun das Übrige, um die Waldfrau zur Waldfee zu veredeln. Fransen, Leder, flache Schuhe und Boots machen einen stilistischen Ausflug in Richtung Country möglich. Die Palette der Grün- und Beerentöne, zum Beispiel bei Phillip Lim, ist subtil. Mag manch moosiges Oliv oder Jägergrün auch ursprünglich der Tarnung gedient haben, damit ist es nun vorbei. Die neue Mode möchte ganz sicher entdeckt werden.