Galerie Oona Kunst- statt Modeschmuck

„Ich bin selbst gar nicht so eine Frau Elster“, sagt Anna Schetelich, Inhaberin der Schmuckgalerie Oona. Seit 18 Jahren betreibt die Kultur- und Kunstwissenschaftlerin ihre Galerie in der Auguststraße in Berlin Mitte. Schmuckkunst hatte sie schon früh fasziniert. Nach ersten Erfahrungen in Museen als Praktikantin und mit Werkverträgen war ihr schnell klar, dass sie sich den Abhängigkeiten und Unsicherheiten in Institutionen nicht aussetzen mochte. Sie wollte ihre eigene Chefin sein und den Ort, an dem sie arbeitet, selbst verantworten. Die Galerie Oona ist nun kein eigenes Museum, dafür so etwas wie eine sich immer wieder verändernde Rauminstallation, die den jeweils angebotenen Objekten die angemessene Ausstellungsfläche gibt. Oona ergänzt das Angebot der in der Umgebung ansässigen Kunst-Galerien um eine besondere Facette, nämlich um zeitgenössische Schmuckkunst, Wearable Art, von Künstlern aus der ganzen Welt. Anna Schetelich fasziniert gerade das kleine Format ihrer Objekte, der Broschen Armreifen oder Ringe, die man eine Woche hier und die andere dort hinlegen und zwischendurch auch mal am Körper tragen kann. Einige ihrer Schmuckkünstler habe in Sammlerkreisen einen Namen, viele hat Anna auch auf Messen oder Hochschulen entdeckt und mit aufgebaut.

Nikolas: Wonach suchst Du, welche Art von Schmuckkunst interessiert Dich?

Anna: Mich interessieren Objekte, die ein künstlerisches Konzept verfolgen und die gedanklich eine gewisse Abstraktion haben. Der Schmuck, den ich hier zeige hat einen universellen Charakter. Er weist über sich selbst hinaus. Das macht ihn auch zu tragbarer Kunst. Wogegen ich regelrecht allergisch bin ist, wenn Leute eine rein persönliche Botschaft rüberbringen wollen. Und: Es geht nie um glatt und hübsch, aber technisch müssen die Schmuckobjekte gut sein. Etwa 80 Prozent der Künstler hier haben eine solide Goldschmiedeausbildung. Oft kommt dann noch ein künstlerisches Studium dazu. Das ist die ideale Kombination. Es gibt Leute die sind technisch 1a. Wenn aber die gestalterische Kompetenz fehlt, kommen Dinge raus, die nichts mit dem zu tun haben, was ich hier anbieten möchte. Talent muss entwickelt werden. Und es ist nicht jedem gegeben.

„Diese Art von Schmuck ist eher kein Statussymbol“

 

 

Nikolas: Das Wenigste, was Du hier zeigst ist aus Gold oder Edelmetallen, trotzdem ist das Goldschmiedehandwerk so wichtig?

Anna:Ja, auch wenn du mit Kunststoff arbeitest, kannst Du das nur mit einer Ausbildung machen. Die Gravur zum Beispiel ist eine klassische Goldschmiedetechnik. Ich habe gravierten Plastikschmuck, Broschen aus Bauarbeiterhelmen, der fasziniert auch Leute, die keine Ahnung von Schmuck haben, weil er so gut gearbeitet ist und eine gestalterische Kraft hat, die auch nach Jahren nicht nachlässt. Das ist das Tolle daran.

Nikolas: Gibt es für diese Schmuckkunst eine Sammlerszene?

Anna: Ja, sehr ausgeprägt in Amerika. Die Sammler sind da miteinander in Kontakt und arbeiten mit Museen zusammen. Auch in Australien und Holland hat sich eine Sammlerszene gebildet. In Deutschland gibt es das nicht so. Dabei habe ich Kunden, die im Grunde eine tolle Sammlung besitzen. Die sehen sich aber nicht als Sammler. Die kaufen die Objekte einfach, weil sie sie toll finden. Mal tragen sie sie, mal legen oder hängen sie sie irgendwo hin. Die haben einfach Spaß daran.

Nikolas: Das sind auf jeden Fall keine Persönlichkeiten, die Wert darauf legen, dass es glitzert und einen materiellen Wert hat?

Anna: Nein, diese Art von Schmuck ist eher kein Statussymbol. Man muss sich schon sehr gut auskennen, um zu sehen, ob ein Objekt 500 oder 5.000 Euro wert ist. Bei meinen Kunden geht es sicher nicht um das klassische Gold- Edelstein-, Diamant-Ding

Nikolas: Wonach richtet sich der Wert bei Objekten, deren Materialwert eher gering ist?

Anna:Zuerst mal:Es gibt auch ziemlich teure Kunststoffe, die kosten nicht weniger als Silber. Für die Preise spielt dann natürlich der Arbeitsaufwand eine große Rolle – Wie viele Stunden sitzt der Künstler ganz konkret an einem Schmuckstück? Oft sind ziemlich aufwändige Prozesse notwendig, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Und, nicht zuletzt, was hier liegt, ist ja auch Ergebnis eines langen Denk – und Erfahrungsprozesses. Auch der muss in die Kalkulation eingehen. Viele der Künstler hier sind keine Anfänger mehr, sie haben Preise gewonnen, ihre Werke werden in Museen oder öffentlichen Sammlungen gezeigt, das alles spielt ein Rolle bei der Preisgestaltung.

„Männer finden das spannend hier“

 

 

Nikolas: Wie würdest Du Deine Kunden beschreiben?

Anna: Es sind in der Regel schon ein wenig ältere Menschen, oft sind die Kinder gerade aus dem Haus. Wenn man keine Klavierstunden, Klassenfahrten oder das Studium mehr bezahlen muss, wird der finanzielle Spielraum größer. Und auch gedanklich eröffnet sich bei dieser Generation etwas. Sie werden mutiger und offener. Aber es kommen schon auch Jüngere, die dann vielleicht eher günstigere Stück kaufen. Und die bleiben auch treu. Ich freue mich immer, wenn jemand nach ein paar Jahren wiederkommt und immer noch trägt, was er hier gekauft hat. Natürlich haben etwa gerade Architekten eine Affinität zu dieser Art von Schmuck, aber es sind nicht nur Menschen, aus den sogenannten Kreativbranchen. Ich habe auch einen tollen Apotheker, der immer wieder vorbeischaut. Gerade aus dem Ausland kommen auch sehr gut informierte Kunden ganz gezielt zu mir. Neulich zum Beispiel aus Neu Delhi. Ich mache das ja nun schon eine ganze Weile. Wer sich für diese Art von Schmuck interessiert kennt mich.

Nikolas: Was sind die Preislagen?

Anna: Das günstigste Stück liegt bei etwa 70 Euro und es geht hoch bis gut 5000. Mir ist wichtig, dass es immer eine größere Auswahl im dreistelligen Bereich gibt. Die tausender Beträge sind einfach wahnsinnig viel Geld, Sammler, oder Menschen bei denen Geld keine Rolle spielt, geben das aus. Die sagen „wow“, so etwas habe ich noch nie gesehen und kaufen einfach Das kommt schon auch vor.

Nikolas: Dein Angebot richtet sich in erster Linie an Frauen?

Anna: Ja schon, aber es gibt Broschen oder Pins, die auch männertauglich sind. Und mehr als die Hälfte meiner Künstler sind Männer. Ich stelle auch fest, Männer langweilen sich nie in meiner Galerie. Wenn Ehepaare hier durchlaufen, sind es oft gerade die Männer, die begeistert sind. Die können etwas mit den technischen Lösungen der Objekte anfangen. Die finden das spannend hier.

Nikolas: Gibt es Bewegungen einen Trend in Deinem Bereich?

Anna: Speziell habe ich den Eindruck, Armschmuck ist gefragter als früher. Davon verkaufe ich mehr. Ganz generell profitiert die Galerie von Handwerkstrend von der Renaissance des Kunsthandwerks. Kunsthandwerk ist wieder begehrt und hat den Ruf des Verstaubten abgelegt. Die Leute schätzen Qualität, Gestaltung, individuelle
Einzelstücke und sind auch bereit dafür zu bezahlen.

Vielen Dank!

Oona Galerie für Schmuck
Auguststraße 26
10117 Berlin
www.oona-galerie.de