Schöner Schatten

Ein Künstler am Werk: James Foggin

Ein Künstler am Werk: James Foggin

James Foggin ist Obergärtner im traumhaften englischen Garten des Landhauses Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen, eine Stunde von Freiburg an der schweizerischen Grenze nahe Basel. Inhaberin des Landhauses Ettenbühl und des Gartens ist Gisela Seidel, die sich hier in Jahrzehnten einen Traum erfüllt hat: ein Stück England in Deutschland.

Das Landhaus Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen.

Das Landhaus Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen.

Hunderte von Rosensorten wachsen in einem eigenen Rosengarten, in den zahlreichen Beeten, ranken an Hauswänden oder wuchern malerisch über Dächer oder in Baumkronen. Strahlend rot, zartrosé, orange, weiß oder pink leuchten ihre Blüten im Sonnenlicht.

Mixed Border: Landhauses Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen

Mixed Border: Landhaus Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen.

Madame Caroline Testout oder Madame Gregoire Staechelin sind zum Beispiel fabelhaft blühende Kletterrosen, die energisch der Sonne entgegenwachsen. Rund 1.100 weitere Sorten werden in der Gärtnerei von Ettenbühl angeboten.

James Loggien auf der Rosenleiter

James Foggin auf der Rosenleiter.

Auch das typisch englische „Mixed Border“, jene kunstvolle dichte Bepflanzung aus Stauden, Zwiebelblumen und Sommerblumen, farblich auf das Feinste abgestimmt, begeistern die Besucher der Gärten, über die James Foggin wacht und die er liebevoll im Auftrag seiner Chefin pflegt.

„Die

Yellow Brick Road. Das Wahrzeichen Ettenbühls.

 

Es ist die Farbenpracht der Blumen in der sommerlichen Sonne, die die Gäste hier vor den Beeten und den diversen thematisch unterschiedlich bepflanzten Gartenräumen innehalten lässt. James Foggin aber sagt in perfektem Deutsch und mit unüberhörbar britischem Akzent: „Ich habe Blumen satt, alle wollen Blumen sehen. Blumen, Blumen, Blumen“, und führt uns in einen von einer Kirschlorbeerhecke umgebenen runden Garten im Garten in dessen Mitte eine Linde steht, die den Schatten spendet, der dem Garten seinen Namen gibt: Schattengarten.

Licher Schatten im Garten.

Lichter Schatten im Garten.

Erst im Schatten beweist sich wahre Gärtnerkunst

Hier erst sieht James Foggin seine Gärtnerkunst richtig herausgefordert. Oder vielmehr, hier erst wird Gärtnern für ihn wirklich zur Kunst.

 

Blätter schön wie Blumen.

Blätter schön wie Blumen.

„Blumen kann jeder“. Mit seiner Liebe zum Schattengarten befindet er sich in guter Gesellschaft. Auch in Barockgärten gab es waldartige Bereiche, die im Sommer als Plätze der Abkühlung geschätzt wurden, das viktorianische England liebte seine Farngärten, und Beth Chatto, die große Dame der englischen Gartenkunst, hat ein ganzes Buch über ihren Schattengarten geschrieben.

Auch im Schatten kann es blühen.

Auch im Schatten kann es blühen.

Allerdings, und so hat es James Foggin sicher auch nicht gemeint, Schattengärten und Blüten sind kein Widerspruch in sich, auch wenn die besondere Kunst des Schattengärtnerns tatsächlich darin besteht, Blattformen, Strukturen und Farben in eine kunstvolle, natürliche und abwechslungsreiche Balance zu bringen, gewissermaßen mit der Architektur der Pflanzen zu arbeiten. Um zu zeigen, dass es auch in Schattengärten blühen kann, bedarf es nur einiger Beispiele: Eisenhut und Fingerhut, Azaleen, die Elfenblume, die Trollblume, das Leberblümchen, Akelei oder die japanische Anemone und der Storchschnabel setzen in schattigen Gärten farbig blühende Akzente.

Englische Gartenkunst: Landhauses Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen

Englische Gartenkunst: Landhaus Ettenbühl in Bad Bellingen-Hertingen

Noch viele andere blühende Pflanzen könnten genannt werden, die erst an einem schattigen Standort ihre volle Schönheit entfalten können. Viele stammen aus Asien, weil es dort Klimazonen gibt, die den mitteleuropäischen recht ähnlich sind. Rhododendren, Azaleen, Magnolien oder Hartriegel, aber auch viele Primeln, Astilben oder Eisenhut-Arten sind Beispiele für asiatische Importe, die heute ganz selbstverständlich unsere Gärten mit ihrer Schönheit bereichern.

James Foggin konzentriert bei der Arbeit.

James Foggin konzentriert bei der Arbeit.

Das gelingt, weil der Standort zu ihnen passt. Genau das ist auch das wichtigste Anliegen der heute über neunzigjährigen Beth Chatto. Pflanzen standortgerecht zu verwenden lautet ihre Botschaft, die ihren eigenen Garten in Elmstead Market in Essex überhaupt erst möglich machte. Er liegt nämlich in einer für England vergleichsweise trockenen Zone und ist in vielerlei Hinsicht ein Ort der Extreme: mit staunassem Boden, schattigen Bereichen mit altem Baumbestand und Teilen in voller Sonne. „Glücklicherweise“, stellte sie fest, „gibt es Pflanzen, die von Natur aus an vielen Plätzen wachsen können, und so lässt sich nahezu jede schwierige Stelle im Garten zu einem wundervollen Ort machen.“

„Ein Garten ohne Schatten ist wie ein Bild ohne Kontraste“

Sie vergleicht Pflanzkombinationen mit Melodien in der Musik oder Ideen in der Malerei. Auch für James Foggin und Gisela Seidel vom Landaus Ettenbühl ist die Gestaltung eines Gartens mit dem Malen eines Bildes vergleichbar. Schon eine Generation vor Beth Chatto hatte übrigens Karl Foerster, dessen Karl-Foerster-Garten in Bornim bei Potsdam bis heute ein Magnet für Gartenfreunde ist, propagiert, dass nur Pflanzen, die am richtigen Ort stehen, wirklich ihre ganze Schönheit beweisen können. Sein Buch „Einzug der Gräser und Farne in die Gärten“ von 1956 richtete schließlich auch in Deutschland den Blick auf die Schönheit von Blattstrukturen und generell auf das Thema Schattenpflanzen. Was nun genau ist aber ein Schattengarten? In jedem Fall ein Ort mit einer besonderen Stimmung. „Ein Garten ohne Schatten ist wie ein Bild ohne Kontraste“, schreibt Oliver Kipp, Autor zahlreicher Gartenbücher. An heißen Sommertagen kann das lauschig-schattige Plätzchen sogar zum Lieblingsplatz werden, in dem sich die Sommerhitze gut aushalten lässt. Selten nun ist mit einem Schattengarten aber wirklich ein Ort gemeint, an dem so gut wie gar keine Sonne gelangt, wie etwa unter Nadelbäumen im Wald. Hier lässt es sich tatsächlich kaum gärtnern, es sei denn man begnügt sich mit Moosen und Flechten. An allen anderen Stellen gibt es Möglichkeiten. In der Regel sind das, was wir Schattengärten nennen, Orte mit sogenanntem lichten Schatten oder halbschattige Bereiche. Lichten Schatten bieten Bäumen, deren Laub Licht durchlässt, Eichen, Birken, alte Obstbäume zum Beispiel. Das Spiel von Licht und Schatten ist dort besonders schön. Blumenzwiebeln und früh blühende Stauden finden oft günstige Gegebenheiten, da diese Gehölze im Winter ihr Laub verlieren und halbschattige Lagen dadurch für eine Zeit im Frühjahr zum Platz an der Sonne werden. Halbschattige Bereiche kommen an nicht mehr als vier bis fünf Stunden am Tag in den Genuss von Sonne. Etwa nur am Morgen oder nachmittags, weil die Wanderung der Sonne das Licht verändert und vielleicht ein Haus Schatten wirft. Auch ein großer Baum, der eine Fläche nicht komplett beschattet, bietet Halbschatten. Für alle Gegebenheiten gibt es die optimale Bepflanzung. Wie auch sonst beim Gärtnern und überhaupt in Fragen der Dekoration gilt: Meist ist mehr vom selben eindrucksvoller als eine zu große Vielfalt. Auch mit wenigen Arten lassen sich eindrucksvolle Schattenflächen gestalten.

So ist der Garten, so ist das Leben

Funkien in verschiedenen Färbungen, vielleicht kombiniert mit dem bunten Fadenknöterich, dessen grüne Blätter mit weißen, braunen und rötlichen Flecken betupft sind, dazu das schöne Gras einer panaschierten Hakonechloa macra und vielleicht noch der eine oder andere japanische Regenbogenfarn machen den Schattenplatz zum Gartenjuwel. Wie bei jeder Gartengestaltung gilt es im Vorfeld zu überlegen, wie der Garten später wirken soll, was am bestem zu Haus und Umgebung passt. Soll es etwa ein natürlich wirkender Waldgarten sein oder eher eine formale Anlage? Was muss gepflanzt werden, damit er auch im Winter einen attraktiven Anblick bietet? Schattenplätze sind auch nicht alle gleich. Wie bei jedem Garten unterscheiden sich die Bodenverhältnisse, auch die Frage, windgeschützt oder nicht, genauso wie die Luftfeuchtigkeit spielen eine Rolle. Farne etwa können trotz eines trockenen Bodens gut gedeihen, wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist. All diese Fragen muss sich aber jeder Gärtner im Vorhinein stellen, egal an welchem Standort. Die Lektüre einschlägiger Fachbücher wirkt unter Umständen abschreckend, weil beängstigend kompliziert. Wer nicht, wie Beth Chatto, den Garten als Lebensinhalt sieht und weder Geduld noch Zeit hat, Buch über die jährlichen Niederschlagsmengen zu führen, kann nach der Methode „Versuch und Irrtum“ vorgehen. Es gehört zum Gärtnern dazu, dass manches nicht gelingt und manches sehr viel besser als erwartet. So ist der Garten, so ist das Leben. Nur Sonnenblumen in den Schatten pflanzen, diese Frustration kann man sich durch ein klein wenig Information über geeignete Pflanzen für den Schattengarten sparen. Standortgerecht pflanzen, darauf kommt es an! Irgendwann sitzt man dann vielleicht auch in seinem Schattenbeet und möchte, wie James Foggin, den ovalen Blättern der Funkien, die eher horizontal über dem Boden schweben, einen vertikalen Akzent entgegensetzen. Einen nach oben strebenden Fingerhut mit rotem Stil hat er sich ausgesucht, der wiederum so schön mit dem benachbarten Hirschzungenfarn, dessen Sporen im Laufe des Jahres auch rot werden, harmoniert. Diese subtilen Details machen James Foggin Spaß. „Ich weiß nicht, ob jemand anderes das sieht, aber ich sehe es auf jeden Fall“, sagt er und verschwindet in seinem Beet.

Landhaus Ettenbühl

Hof Ettenbühl
D 79415 Bad Bellingen-Hertingen
Telefon 0 76 35 / 8 27 97-0 / Fax 0 76 35 / 8 27 97-77
E-Mail: info@landhaus-ettenbuehl.de
www.landhaus-ettenbuehl.de

 

 

 

 

Literatur
Oliver Kipp
Schattengärten gestalten
GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH (8. Februar 2012)
ISBN-10: 3833824050
ISBN-13: 978-3833824050
9,99 Euro

 

Beth Chatto
Schattengarten
Deutsche Verlags-Anstalt (21. Februar 2011)
ISBN-10: 3421038082
ISBN-13: 978-3421038081
Originaltitel: The Shake Garden
34,99 Euro

 

Karl Foerster
Einzug der Gräser und Farne in die Gärten
Verlag: Ulmer, E; Auflage: 7., Aufl. (1988)
ISBN-10: 3800163659
ISBN-13: 978-3800163656
29,90 Euro