Serie STIL/ LEBEN – Margot Philippi (57)

 

 

 

Sonntagvormittag. Margot (57) und Paula Philippi (19) lümmeln auf dem Sofa. Margot führt seit knapp zehn Jahren ihr Geschäft M Philippi in Köln, eine Multilabel-Boutique, deren Angebot sich dadurch auszeichnet, dass es ein Mix unterschiedlicher Marken in verschiedenen Preislagen ist. Natürlich ist es auch ein Spiegel der Inhaberin. Sie steht mit ihrem Stilempfinden für das modische Bild, das hier präsentiert wird. Mit ihrem Einkauf geht sie ins Risiko. Paula hat gerade das erste Semester Psychologie hinter sich und wartet gespannt auf die Prüfungsergebnisse, die langsam aber sicher online gemeldet werden. Wirklich Sorgen machen muss sie sich nicht. Sie ist eine 1er Schülerin. Nur die Biologiearbeit, vielleicht hat sie die verhauen…?

Nikolas: Margot, wer sind Deine Kundinnen?

Margot: Es sind schon viele hier aus Lindenthal, eine so genannte „bessere“ Wohngegend in Köln. Aber ich habe auch Kundinnen, die kommen extra aus Düsseldorf, weil sie mein Angebot schätzen. Ich spreche Frauen in allen Altersgruppen an, durchaus auch ältere. Manchmal bringen die Mütter ihre Töchter mit, die erst etwas skeptisch sind, manchmal aber auch die Tochter die Mutter, weil sie möchte, dass die Mamma mal etwas flotter aussieht. Wenn man so ein Geschäft hat, ist das ja etwas sehr Persönliches. Und ich möchte bei mir im Laden Sachen finden, die ich tragen kann, aber auch Paula soll neugierig sein, was es wieder neues gibt.

Nikolas: Kaufst Du bewusst Sachen ein, die entweder für Mutter oder Tochter sind?

Margot: Nein, da hat sich die Lage ja völlig verändert. Jede Frau kann heute – Gott sei Dank – tragen was sie möchte. Früher durfte eine Frau über 50, eigentlich schon mit 40, keinen Rock tragen, der über den Knien endete, auch wenn sie tolle Beine hatte Die Frage, „Bin ich nicht zu alt dafür“, war ziemlich eng mit dem Thema Mode verbunden. Das hat sich absolut geändert.

Nikolas: Du sagst, alles ist für jede möglich?

Margot: Im Prinzip schon, aber natürlich soll es gut aussehen. Wenn ich ein kurzes Kleid trage, mache ich das nur mit Strümpfen. Da fühle ich mich einfach wohler. Meine Beine sind nicht mehr so glatt und makellos wie die von Paula…

Paula: Mamma, das ist doch Quatsch, Du hast doch tolle Beine. Ich finde, du musst im Sommer keine Strümpfe tragen.

Margot: Sagst Du. Nett von Dir! Aber ich fühle mich so wohler. Dass muss ja jeder für sich entscheiden. Gut ist auf jeden Fall, dass es kein muss mehr gibt.

STIL LEBEN hat etwas mit Lebenserfahrung zu tun

 

Margot Philippi wohnt ganz in der Nähe ihres Geschäfts. Ihre Wohnung ist so klar und aufgeräumt wie ihre Persönlichkeit. Ein paar Designklassiker, ein bisschen Ikea. wenig, aber schöner Nippes. Eine zeitlos elegante Wohnung

 

Nikolas: Worauf kommt es an, wenn man „Stil leben“ will? ?

Margot: Eben genau darauf: Einen Stil für sich zu finden. Sich wohl zu fühlen. Das gilt für das Zuhause, genauso wie für die Mode. Es gibt Angebote, aus denen man wählen kann. Früher gab es auch in einer Multilabel-Boutique entweder Mini, Midi oder Maxi. Eine Saison trug man weite Jeans, dann nur enge. Heute gibt es alles nebeneinander. Die Mode ist sehr vielschichtig. Für den Einkauf ist das schwieriger. Nicht nur für mich als Ladeninhaberin, auch für die Kundin. Sie hat die Qual der Wahl. Für erwachsenere Kundinnen ist das manchmal einfacher. „Stil leben“ zu können hat auch etwas mit Lebenserfahrung zu tun

Nikolas: Was ist Deine Wahl?

Margot: Ich bin schon eher der straighte Typ. Klare Formen und Farben, eher reduziert. Deswegen habe ich viele skandinavische Labels. Allerdings, ich war gerade in Kopenhagen, da ist jetzt die 80er Welle total angekommen. Rüschen, Volants, gekreppte Baumwolle, Schulterpolster. Senftöne und Aubergine. Ich hab das ja schon mal gelebt. Etwas schwierig, das schön zu finden oder mit neuen Augen zu sehen.

Paula: Ich find’s cool.

Margot: Ja, also diese 80er Comeback ist wohl eher etwas für die Jüngeren, die das noch nicht kennen. Ältere tun sich damit schwer. Kann ich gut verstehen. Ich hab das auch nicht so eingekauft.

Nikolas: Es gibt ja Menschen, die modisch in der Zeit stehengeblieben sind, in der sie sich selbst am attraktivsten fanden.

Margot: Ja, gibt es. Aber das macht dann wirklich alt. Es kann schon sein, dass Paula und ich vielleicht die gleiche Jeans cool finden. Aber das hat nichts mit jung oder alt zu tun. Das sind dann einfach coole Jeans. Wenn ich mich anziehe stelle ich mir – und das war bei meiner Mutter anders – nicht die Frage, ob ich das noch tragen kann mit Ende Fünfzig. Es geht darum, ob ich mich wohl fühle und ob ich gut aussehe. Und dass sich Paula gerne mal was aus meinem Schrank leiht, nehme ich als Kompliment.

Nikolas: Was hast Du im Leben richtig gemacht?

Margot: Das Beste, was mir passieren konnte, ist sicher Paula. Und da haben ich und ihr Vater sicher einiges richtig gemacht. Ansonsten denke ich, habe ich auch schwierige Situationen im Leben – Beziehungskrisen und vor allen Dingen auch Krankheitserfahrung – immer ganz gut gemeistert. Ich lass mich nicht kleinkriegen. Manches muss man akzeptieren, um anderes kann man sich bemühen.  Es hilft jedenfalls nichts, sich die gute Laune verderben zu lassen. Das bekomme ich ganz gut hin. Bin ich selber manchmal erstaunt.

Nikolas: Und was möchtest Du noch erleben?

Margot: Ganz ehrlich, ich habe schon ziemlich viel erlebt. Ich bin um die Welt gereist, ich war als Chefeinkäuferin in einem großen Unternehmen erfolgreich, ich hab mich selbständig gemacht, ich hab Familie… Ich möchte glücklich sein und dazu gehört für mich, mit anderen Menschen etwas zu machen, gesellig zu sein. Ich lade gerne Freunde und Freundinnen ein. Ich koche gerne. Das tut mir gut. Ich möchte gar nichts Besonderes.

Vielen Dank!

Paula hat inzwischen die Ergebnisse für die Biologiearbeit bekommen. Alles im grünen Bereich. 2+ Sie strahlt.

M / Philippi Mode
Dürener Str. 190
50931 Köln