Susanne Kaufmann – „Cremes bewirken keine Wunder“

Susanne Kaufmann: Ein Gespräch mit der Spa- und Naturkosmetikpionierin

 

Foto: Hotel POST BEZAU by Susanne Kaufmann 

Susanne Kaufmann: Ein Gespräch mit der Spa- und Naturkosmetikpionierin

Susanne Kaufmann,Mutter von zwei Kindern, entwickelte 2003 eine eigene Naturkosmetiklinie speziell für das Hotel und Retreat-Programme, bei denen Ernährung, Pflege und Bewegung abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse Hand in Hand gehen. Viermal in Folge hat das Hotel Post Bezau bereist den World-Spa-Award in der Kategorie „Austria’s Best Wellness Retreat“ gewonnen. Bezau ist ein kleiner Ort im österreichischen Vorarlberg und liegt in einem Tal im Bregenzerwald. In 5. Generation führt Susanne Kaufmann das Hotel Post Bezau seit 1994. Das Hotel wurde 1850 von ihrem Ururgroßvater gegründet.

In der weißen Bluse mit Stehkragen, Designerpiece mit Workwear-Touch, mit großen Ohrringen im linken Ohr, funkelnden Armbändern und Cowboystiefeln ist Susanne Kaufmann die perfekte Botschafterin ihrer Kosmetik: bodenständig, stylish, kosmopolitisch. Wir treffen die Frau aus dem Bregenzerwald im Geschäft MDC next door im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Ein Ort für ausgesuchte Beautyprodukte, Wohnaccessoires und Schmuckstücke. Susanne Kaufmann wünscht sich einen Cappuccino. Bei MDC gibt es ihn nur mit Hafermilch. Nehme ich auch“, sagt sie.

Sie trinken richtige Kuhmilch!? Hier im Prenzlauer Berg ist das fast schon politisch unkorrekt.

Wissen Sie, im Bregenzerwald, wo ich lebe, stehen die Kühe vor der Tür. Alle trinken Milch, wir mögen den Käse. Das Kalzium tut dem Körper gut. Ich habe nichts gegen Hafermilch, aber ich trinke gerne auch das Original.

1994 übernahmen Sie das 4-Sterne-Hotel Ihrer Familie und haben gleich den Wellnessbereich ausgebaut. Die Spa-Bewegung steckte damals in den Kinderschuhen. Sie haben den Geist der Zeit rechtzeitig erkannt? 

Es kamen zwei Dinge zusammen: Erstens stellte sich mir die Frage, wie ich Gäste in einen kleinen Ort wie Bezau bekomme und zweitens habe ich mich selbst immer für Pflege und Cremes interessiert. Im Hotel gab es schon sogenannte Anwendungen, es lag für mich also nahe, die weiterzuentwickeln, aus persönlichem Interesse und aus wirtschaftlichen Gründen. Es hat funktioniert!

Seit 2003 gibt es die Naturkosmetiklinie by Susanne Kaufmann. Hat es etwas mit Ihrer Kindheit zu tun, dass Sie von der pflegenden Kraft der Natur überzeugt sind?

Mein Bruder und ich sind in der Natur aufgewachsen. Die Frauen in der Gegend sammelten alpine Kräuter für Tinkturen und Salben. Von ihrer Heilkraft musste hier niemand überzeugt werden. Meine Großmutter Irma hat zum Beispiel Arnikaschnaps gemacht. Nicht zum Trinken, zum Einreiben. Das war ihr Allheilmittel gegen Gelenkschmerzen, Ohrenschmerzen, Halsweh, gegen fast alles.

Haben Sie Lieblingskräuter? 

Ganz klar die Arnika. Und das Johanniskraut, sein Öl hat entzündungshemmende Wirkung und heilt Narben. Die schöne Alpenrose, sie steht ja unter Naturschutz, liebe ich. Sie hat pflegende Wirkung in Cremes. Ich könnte noch viele andere Pflanzen nennen, die Hagebutten mit ihrem feinen Öl, Malven …

Worauf kommt es bei den Produkten an?

Auf hochwertige, natürliche Öle als Basis. Je besser das Öl ist, desto besser das Produkt. Wir verwenden keine Silikonöle. Das ist wie der Unterschied, ob ein Salat mit feinstem Olivenöl oder einem minderwertigen Öl zubereitet wurde. Es geht um die Kombination von natürlichen Inhaltsstoffen und hochkomplexen Produktionsverfahren. 

Als Sie beschlossen, Ihre Kosmetik in den Handel zu bringen, gefielen den Gäst:innen Ihre Produkte bereits. Ein Risiko war es aber dennoch. Hatten Sie keine Zweifel? Wie fühlte sich der Start an?

Natürlich hatte ich Zweifel und es gab Zweifler. Ich kann mich noch erinnern, als die erste Lieferung für den Handel kam. Ich hatte bis dahin immer Hunderterserien produziert. Jetzt kamen palettenweise Tausende Flaschen und Gläser. Ich habe gedacht: Meine Güte, wenn das nicht klappt, muss ich den Rest meines Lebens Marmelade einkochen.

Es hat geklappt und Sie bieten heute Pflegeserien für verschiedene Hauttypen an. Auch Produkte speziell für Männer. Brauchen Männer eine eigene Kosmetik?

Generell denke ich sehr unisex, das sieht man an unseren Verpackungen, die nicht nur nachhaltig sind, sondern auch minimalistisch in der Ästhetik, weder besonders feminin noch maskulin. Es gibt einige Produkte speziell für Männer, etwa Reinigungsgel, Aftershave, Shampoo in den dunklen Flaschen. Aber viele Männer nutzen auch unsere anderen Produkte. Jeder soll verwenden, was ihm guttut. Ich denke nicht, dass Männer generell andere Produkte brauchen. 

Das Label Susanne Kaufmann steht nicht allein für Pflege und Spa-Anwendungen. Es geht auch um einen Lebensstil. Was ist Ihnen wichtig? Worauf achten Sie besonders? 

Unsere Produkte sind wunderbar, aber Cremes bewirken keine Wunder. Der Lebensstil hat Einfluss darauf, wie meine Haut aussieht. Ich muss sie vor Sonne schützen, ich muss genug Wasser zu mir nehmen. Ich brauche ausreichend Schlaf, Bewegung ist wichtig und nicht zuletzt eine gesunde Ernährung.

Das sind ganz einfache, grundlegende Dinge. Zu Hause kocht mein Mann für uns. Die Auszeit beim gemeinsamen Essen in der Familie ist auch eine Art Pflegeprogramm. Gesunde Ernährung ist für mich das A und O.

 

Foto: Susanne Kaufmann, Hotel POST BEZAU  

 

Sie bieten Anti-Aging-Produkte an. Ist das nicht ein Widerspruch zur Naturkosmetik? Das Altern ist doch ein natürlicher Prozess.

Ja, das stimmt und ich spreche deshalb auch lieber von unseren Renewing- oder Healthy-Aging-Produkten. Ich habe sie entwickelt, als ich knapp 40 war. Kein Zufall, ich habe die Produkte im Grunde immer für mich selbst gemacht und meine Haut brauchte jetzt eine reichhaltigere Pflege.

Cremes, Seren, Lotionen ermöglichen ein gepflegtes, gesundes Altern, jede Falte werden Sie nicht wegbügeln. Ich finde das nicht schlimm.

Kosmetische Chirurgie ist kein Thema für Sie?

Für mich kann ich mir das nicht vorstellen, aber ich verurteile es nicht. Wichtig wäre, dass sich der Arzt den ganzen Menschen anschaut, nicht nur die Stirnfalte. Das passiert nicht genug, habe ich den Eindruck.

Was macht für Sie Attraktivität aus?

Wenn jemand lacht, gut drauf ist, macht das schon die Hälfte der Schönheit aus, finde ich. Und klar, eine gepflegte Erscheinung ist immer attraktiver. Ein Schönheitsideal in dem Sinne habe ich nicht. 

Der Start ins neue Jahr ist für viele Menschen ein Anlass, sich zum Beispiel auf Diät zu setzen. Empfehlen Sie ein spezielles Pflegeprogramm?

Im Hotel sind die Detoxkuren gerade am Jahresanfang sehr gefragt. Wer nicht zu uns kommen kann, bekommt sie gerne geschickt. Dazu gehören unsere Säfte, Granola, Suppen, Entschlackungs- und Basentees. Das kann dann noch mit Pflegeprodukten ergänzt werden. Der Jahresbeginn mag Anlass geben, besonders achtsam mit sich zu sein, aber nachhaltiger ist natürlich, Routinen über das ganze Jahr zu entwickeln. 

Haben Sie selbst Vorsätze am Jahresbeginn?

Nicht stehenzubleiben, meinen Prinzipen treu zu bleiben. Zu schauen, wo man noch etwas verbessern kann, gerade auch beim Thema Nachhaltigkeit. Darum geht es immer und jedes Jahr aufs Neue.