Foto: Fendi H/W 2014/15
Die Deutschen stehen hoch im Kurs bei den Italienern. “Wie sie die Krise gemeistert haben“, „die politische Stabilität“, davon spricht der Taxifahrer, die Dame an der Rezeption im Hotel und auch der Kaffee-Erbe Andrea Illy, Präsident der Altagamma, einer Stiftung der italienischen Luxusindustrie. Sie allen sagen: „Wenn die Italiener in dieser Hinsicht doch etwas deutscher wären“. Da schwingt kein Neid mit, sondern Anerkennung, und man macht sich dabei durchaus nicht klein. „Made in Italy“ war etwa auf die Wände des Fendi Showrooms geschrieben, auch Donatella Versace betonte, dass ihre diagonal geschnittenen asymmetrischen Kleider in Rot oder Petrol, die ihren Models so sexy um den schmalen Körper flossen, in Italien gefertigt wurden. Die italienische Perfektion im Umgang mit Stoffen und Pelzen, die Verarbeitung von Leder: Die Mailänder Schauen sind mehr denn je eine selbstbewusste Ausstellung handwerklichen Luxus. Wenn, wie bei Fendi, ein Patchwork aus Pelz und Stoffen zu einem Mantel wird, kommt großes Können und Kreativität zusammen. Es harmoniert, wenn der deutsche Weltbürger Lagerfeld die Kollektion verantwortet und Venturini Fendi die dazugehörigen Accessoires entwirft. Ein Deutscher und eine italienische Familie mit alter Tradition zeigen, wie perfekt sie sich ergänzen.
Foto: Fendi H/W 2014/15
Die Schau war eine poetische Reise, romantisch zum Beispiel mit den Orchideen, die auf Pelze geheftet waren. Billie Holydays Song von 1958 „You brought me violets for my furs“ brachte Lagerfeld auf die Idee. Oliv, lehmiges Braun gehörten zur Farbpalette, die auch anderen Kollektionen einen erdigen, naturverhafteten Ton gaben.
Foto: Dolce & Gabbana H/W 2014/2015
Heulende Wölfe und ein Zauberwald
Alberta Ferretti etwa entführte in eine Art Zauberwald in Herbstfarben: Orange, Moosgrün, Blattfarben in allen Schattierungen. Ein zentrales Motiv waren Federn, als Print, als Illusion aus gefalteten Bändern – und auch echte, verarbeitet zu Mandalas in Florenz, wo ein Atelier zu so aufwendiger Verarbeitungen fähig ist, wie sie hier gezeigt wurde. Ein Märchenwald bot die Kulisse für Dolce & Gabbanas poetische Kollektion „Es war einmal in Sizilien“. Eichhörnchen, Eulen und Füchse waren auf allerluxuriöseste Art auf Kleider, Mäntel und Jacken gestickt und gewebt.
Foto: Dolce & Gabbana H/W 2014/2015
Wald und Landschaft beschäftigten auch Antonio Marras: Heulende Wölfe bildeten das Leitmotiv seiner artifiziellen Schau. Herman Hesses Steppenwolf und Joseph Beuys gibt der Sardinier als Quellen seiner Inspiration an. Auch Max Mara entführte in die Natur. Steinfarben, Moosgrün und ein Goldton, der an die aufgehende Sonne erinnerte, waren die bestimmenden Farben für eine Kollektion, die mit ihren Tweedstoffen, verarbeitet zu Steppjacken und Mänteln in die schottischen Highlands führte.
Foto: Max Mara H/W 2014/14
Bei Max Mara gibt es übrigens auch eine glückliche deutsch-italienische Verbindung: Nicola Gerber Maramotti, verantwortlich für den Verkauf der Kollektionen in Europa, ist verheiratet mit einem Sohn der Gründungsfamilie. Die Deutsche, schön, groß und blond, begrüßt nicht selten ihre Kunden persönlich vor der Schau.
Foto: Prada H/W 2014/2015
Fassbinder und der blaue Engel
Die Prada-Schau zeigte sich von der deutschen Avantgarde der zwanziger, dreißiger Jahre inspiriert und von Fassbinderfilmen. Miuccia Prada ist ein großer Fan des 1981 verstorbenen Filmemachers. Barbara Sukowa, Fassbinders Star in „Lola“, sang live und deutsch Kurt Weills Songs zur Schau, die die Ära der Weimarer Republik beschwor. Einen expressionistischen Charakter hatten Schuhe, deren Absätze an Kulissen aus Metropolis erinnerten, Art-déco-Motive schmückten die Kleider: Der „blaue Engel Marlene“ und die „Seeräuber Jenny“ schwebten als Geister über einer faszinierenden, dunklen Schau-Inszenierung, die zumindest den deutschen Zuschauer auch daran erinnerte, wie benachbart deutsche Kultur und künstlerische Avantgarde mit deutschem Barbarentum damals waren.
Foto: Prada H/W 2014/15
Eleganz made in Italy
Foto: Gucci H/W 2014/2015
Weniger dramatisch präsentierte sich Gucci. Designerin Frida Giannini wollte in dieser Saison die Essenz der Marke materialisieren: Herausgekommen ist eine smarte Kollektion mit Sixties-Feeling, allerdings ohne Rebellion. Zweireihige Jacken in pudrigem Pink, kurze Kleider mit hoher Taille in Senffarben oder aus rotem Leder. Mäntel mit Animalprints gehören zur formidablen Ausstattung der Signora Gucci. Glamourös, Luxuriös und ein bisschen sporty, das alles perfekt verarbeitet, eben absolut italienisch.
Jil Sander, eine Deutsche, die in Mailand oft gefeiert wurde, hat aus persönlichen Gründen das Entwerfen aufgeben. Die aktuelle Kollektion, vom alten Team verantwortet, brachte den Jil-Sander-Look gut geschult auf den Laufsteg. Pur und clean, die weit geschnittenen Mäntel, die Jacken und Anzüge mit der typischen Y-Silhouette, dazu die fabelhaften Stoffqualitäten made in Italy: Etwa Doublefacepullover, außen Alpaka, innen Kaschmir. Grüntöne, Erdfarben, Filz- und lodenartige Stoffe. Die Natur und ihre Kreaturen sind das Thema, mit denen die meisten Designer bei aller Unterschiedlichkeit spielten.
Foto: Marni H/W 2014/2015
Auch bei Marni flatterten Federn an langen Wollröcken. Missonis aufwendiger Strick, dank neuer Verfahren oft als solcher kaum zu erkennen, zeigte sich in Braun, Ocker, Orange – fast könnte man sagen: ein bisschen ländlich. Wald und Wiese, poetischer Naturzauber und ländliche Scholle, das ist der größte gemeinsame Nenner einer vielfältigen Mailänder Modewoche.
Foto: Marni Herbst/Winter 2014/15
Foto: Marni Herbst/Winter 2014/15