Eine Frage der Haltung – Trendreport Winter 2025

Mode ist mehr als ein flüchtiger Trend: Die aktuellen Kollektionen zeigen, wie sich Stil und Statement miteinander verbinden lassen

Eine der interessantesten modischen Meldungen in diesem Jahr ist wohl, dass Anna Wintour ihren Job als Chefredakteurin der amerikanischen Vogue aufgibt. Eine Nachfolgerin mit diesem Titel wird es nicht geben – sie ist damit die letzte ihrer Art. Lange schon überstrahlten ihr Look und ihr Auftreten die Inhalte des Magazins, das eine Bibel war für alle, die sich für Trends und Fashion interessiert haben. Das ist vorbei. Instagram und Co. sind heute „stilbildend“, Trends kommen immer häufiger von der Straße auf den Laufsteg – nicht umgekehrt.

Stil als Statement

Wintour selbst hat sich – wie etwa auch Karl Lagerfeld – mit ihrem unveränderlichen Look zu einer Marke gemacht: Sie trägt große Sonnenbrillen, einen perfekt geföhnten Bob, große Ketten und fließende, körpernahe Kleider mit großen Mustern. Und das seit Jahrzehnten. So ist sie zu einer Ikone geworden. Wer im modischen Rampenlicht steht, braucht vermutlich eine Uniform. Auch Giorgio Armani trägt nur eine Farbe: Dunkelblau. Viele der jungen Modemacher erscheinen am Ende ihrer extravaganten Defilees in Jeans und blauem Shirt. Was lehrt ihr Beispiel? Trends zu ignorieren, immer dasselbe zu tragen? Nein – natürlich nicht! Aber selbstverständlich ist es hilfreich, einen eigenen Stil zu entwickeln, zu wissen, was einen kleidet. Die aktuellen Kollektionen dienen dann als Inspiration, ihn zu variieren, Accessoires zu ergänzen – und hin und wieder auch mal etwas ganz Neues auszuprobieren. Im Grunde tun die Designerinnen nichts anderes: Ihre Kollektionen sind ein Mix & Match aus typischen Codes des Hauses. Sie zitieren sich selbst und blicken immer wieder tief in die Archive der Modegeschichte. Neu erfunden werden Jacke, Hose oder Kleid nicht mehr.

 

 

Vintage boomt – Nachhaltigkeit ist

Kein Wunder, dass der Secondhand- oder Vintage-Markt boomt wie noch nie. Kleidertausch ist absolut ein Trend – der allerdings noch einen ernsteren Hintergrund hat, als nur den, dass die meisten Kleiderschränke überquellen. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema der Mode geworden. Die Erkenntnis, dass neu nicht zwangsläufig besser ist, wächst bei vielen. Mode, die Frage, was wir anziehen, wird immer mehr zu einer Haltungs- und Gewissensfrage. Trendy ist nicht, endlos zu konsumieren, sondern stilvoll zu kombinieren – Neues und Altes zu mischen, mit besonderen Accessoires ein Outfit zum Hingucker zu machen.

Für alle, für die Fashion kein Business ist, bleibt Mode ohne Frage die „schönste Nebensache der Welt“. Sie macht das Leben bunter, und in einem schönen Gewand lassen sich die täglichen Herausforderungen lockerer und selbstbewusster angehen. Auch für den Herbst bieten die Kollektionen viele Anregungen, sich nicht ganz anders, aber mit neuen Akzenten zu präsentieren.

Die neuen Silhouetten

Mäntel sind ein zentrales Thema in den kühlen Monaten – und wie in den letzten Saisons nehmen sie viel Raum ein. Ihr Volumen wird mit Hilfe eines Taillengürtels gebändigt. Überhaupt richtet sich der modische Blick wieder auf die Taille. Sanduhr-Silhouetten bei Kleidern und tief sitzende Hosen sind zurück. Die High-Waist-Hosen der letzten Saison können jetzt erst mal überwintern, bis sie ihre Comeback-Chance erhalten.

Apropos: Sanduhr-Silhouetten und Hüfthosen machen augenfällig, wie dünn – dünner – am dünnsten die Models sind. Der Verdacht liegt nahe, dass Abnehmspritzen wie Ozempic den Druck, in Size Zero zu passen, noch erhöhen. Ein Trend, der nicht zur Nachahmung empfohlen wird.

Blick auf die Piste: Winter-Looks 

Für die richtig kalten Tage ist der Blick in Richtung Wintersport die modische Style-Empfehlung der Saison. Citytauglich und retro-chic sind Norwegerpullis, wilde Prints und farbstarke Funktionskleidung alternativ moderne Statement-Looks.

Powerdressing und Abend-Statement

Das Thema Powerdressing mit scharf geschnittenen, oversized Sakkos geht im Winter in die nächste Runde. Auch die passenden Hosen sind weit und überlang. Gestylt wird der Look mit futuristischen Brillen, Lackstiefeln oder auch flachen Schnürern.

In Richtung Abend erregt ein altbekanntes und als ein wenig bieder verschrienes Material neue Aufmerksamkeit: Spitze. Herkömmlich steht sie für Romantik und zarte Femininität. In Schwarz, kombiniert mit Jeans, schwarzem Leder, Blousonjacke und Bikerstiefeln, wirkt sie plötzlich weder bieder noch zart – sondern unbeschreiblich weiblich und tough. Das Gleiche gilt für Volants, Schleifen, Tüll und semitransparente Stoffe – alles Materialien, die gerade trendy sind und neuen Reiz durch unerwartete Kombinationen bekommen und so auch altagstauglich werden können.

Stichwort schwarzes Leder: Es gehört quasi zum Standardprogramm im Kleiderschrank. Besonders angesagt ist aktuell allerdings Leder in Brauntönen – von Burgunder bis Rehfarben.

Farben, Formen, Männertrends

 

 

Braun, Beige, Greige bestimmen die Damen- und besonders die Herrenmode. Ergänzt werden sie etwa durch kräftiges Rot, Violett oder auch Maisgelb. Bei den Männern ist die Vorherrschaft von Streetwear mit sportiven Einflüssen deutlich auf dem Rückzug. Dreireiher statt Trainingsjacke und Tunnelbundhose sind wieder im Kommen. Die Herrenkollektionen neigen mit Anzügen zum formalen Klassischen, wirken häufig ein wenig konservativ. Ausnahmen bestätigen die Regel: Immer wieder finden sich auch Looks, die das Kind im Mann betonen – kurze Hosen, wilder Mustermix, lustige Prints, viel Farbe. Diese Kollektionen sprechen wohl eher Jungs aus der Generation Z an.

Accessoires mit Ausrufezeichen

Was Accessoires angeht, putzen große Broschen, Armbänder oder Ketten minimalistische Outfits auf. Im Trend Gold, während Brillanten eher an Interesse verlieren. Weshalb? Künstlich hergestellte Steine machen den echten Konkurrenz. Sie funkeln auch schön und sind so viel preiswerter, der Goldpreis dagegen steigt und macht das Material noch begehrlicher.

Nicht aufgeputzt werden müssen die neuen Jeanslooks – Stickereien, Glitzersteine, auffällige Waschungen machen Denim zum Luxusstöffchen.

 

 

Hüte werden in vielen Varianten gezeigt. Und, wenn sie nach einer neuen Handtasche sucht, dann ist die sogenannte Top-Handle die modische Wahl. Crossbags mögen praktisch sein – angesagter sind Handtaschen, die den Namen im wahrsten Sinne des Wortes verdienen. Last but not least: Für Damen und Herren sind Krawatten ein beliebtes Accessoire, das nicht nur formell, sondern auch spielerisch wirken kann.

 

Fazit: Understatement mit Haltung

 

Die neuen Kollektionen protzen nicht – sind aber auch nicht minimalistisch. Dekorationen, manche Extravaganz, auch Humor sind erlaubt. Und dieser Trend trifft auf alle Lifestyle-Bereiche zu – sei es Mode, Beauty, Interior oder auch das Essen. In einem neuen Luxusverständnis geht es um Qualität, Nachhaltigkeit, Sinnlichkeit. Kurz: um das gute Leben.