zeitgeist Kolumne: Immer schneller

Bloß nicht langweilen, immer Neues bieten – ein Muss, wenn man in der Mode arbeitet. Kann anstrengend sein!

 

 

Die Mode hat die Saisons abgeschafft. Frühling, Sommer, Herbst und Winter!? Das ist passé, ständig kommen Zwischenkollektionen in die Geschäfte, damit die Kundinnen und Kunden immer etwas zu entdecken haben und immer wieder neugierig in den Laden kommen. Abwechslung, Anregung, Aufregung, Veränderung ist gefragt. Weil alle nach dem Besonderen, möglichst Einmaligen suchen, werden in der Mode und auch im Beauty Bereich Capsule Collections und Limited Editions immer wichtiger. Da gibt es einen Duft nur einen Sommer lang, eine Nagellackfarbe nur ein paar Wochen. In der Mode schaffen Capsule Kollektionen, oft in Kooperation mit Künstlern oder Gast Designern, Begehrlichkeiten, suggerieren Exklusivität. Sie versprechen, wenn schon nicht Einmaligkeit, dann doch immerhin Seltenheitswert. Aktuelles Beispiel: Vivienne Westwood wird im Auftrag des neuen Designers Riccardo Tisci für Burberry unter anderem den Trenchcoat „neu erfinden“. Im Dezember ist es soweit. Dann heißt es: „Schnell zugreifen! Limited Edition!“
Täglich haben wir die Wahl zwischen tausenden Produkten, zwischen diversen Modetrends, Reisezielen und auf Dating Apps auch zwischen Menschen, die als potentielle Partnerinnen oder Partner in Frage kommen. Wir stellen uns dar, definieren unser Selbst durch ständige Veränderung. Nie war das so gefragt wie heute, Selfies, Instagram, Snapchat – und auch noch dem guten alten Facebook – sei Dank. Du sollst dein „mini-me“ kreieren und der Welt mitteilen in welcher „mood“ du gerade bist, wie dein Style des Tages aussieht. Je individueller und abwechslungsreicher desto besser. Selbst das Geschlecht ist keine Bestimmung mehr, sondern eine Entscheidung. Heute fühle ich mich feminin, morgen stelle ich meine Macho Seite aus. Gender Fluidität ist der neudeutsche Begriff dafür. Für jemanden wie mich, der schon nervös wird, wenn der griechische Frühstücksjoghurt im Supermarkt nicht mehr da steht, wo er stehen sollte, ist das natürlich schwierig. Aber Gewohnheitstiere sind eindeutig eine aussterbende Rasse.