Zeitgeist Kolumne – Reset: die Mode im Herbst 2020

Die Mode hat es schwer in diesem Jahr. Ihr ist die Leichtigkeit abhanden gekommen. Wir lieben sie trotzdem.

 

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Die Schauen für Herbst/Winter 20/21 liefen quasi parallel mit dem Ausbruch der Corona Krise im Frühjahr. Armani war Ende Februar der erste, der seine Schau absagte und nur streamte. Niemand hätte sich damals vorstellen können, dass Masken im Sommer – und nun auch im Winter – das wichtigste Accessoire sein werden. Auch wenn Covid-19 beim Entwerfen der Herbst-Kollektionen noch keine Rolle spielte: Eine gewisse Ernsthaftigkeit war schon in den letzten Saisons in das als selbstverliebt geltende Modebusiness eingekehrt. Es hatte die Notwendigkeit, sich mit Klimaschutz und nachhaltiger und fairer Produktion zu beschäftigen, erkannt. Corona hat der Philosophie des „immer schneller“, „immer mehr„ und „immer neu“ endgültig einen Stein ins Getriebe geworfen. Die Britische Vogue hat in der Augustausgabe vierzehn verschiedene Cover der Natur unter dem Hashtag Reset gewidmet. Atemberaubend schön und weit und breit kein Kleid oder Model. Die Bilder wirken wie eine Aufforderung zum Durchatmen und Nachdenken, was wirklich wichtig ist. Wer dann ehrlich ist wird zugeben, Mode ist vielleicht wirklich die wichtigste Nebensache der Welt. Es tut der Seele gut, sich schön zu machen – von Kopf bis Fuß. Viele Gelegenheiten gab es dazu lange nicht. Niemand möchte auf Dauer in Jogging Hose und Sweater rumlaufen. Für die Damen versuchten die Designer, für den Herbst eine zeitgemäße Form des Powerlooks zu entwickeln. Puffärmel, Volants oder gebauschte Volumen akzentuieren in vielen Kollektionen die Schultern. Die moderne Frau ist stark und sensibel. Seide und Tweed sind kein Widerspruch. Die Farben? Viel Weiß und Schwarz, dazu delikate Töne wie Scharlachrot, Kiwi, Schokoladenbraun, Rose, Maisgelb. Für Männer ist das Thema „New Formal“ interessant. Sakkos, Hosen und Hemden sind oft oversized. Tragekomfort spielt eine Rolle, aber der Einfluß des Sports ist nicht mehr so vordergründig. Es gibt kein Modediktat. Die Mode fordert uns nur gerade zu feiner Zurückhaltung auf, ohne dabei den Spaß an ihr zu verlieren.