Zeitgeist Kolumne: Voll im Trend

Individualität, statt Konformität ist schon eine ganze Weile das zentrale Thema der Mode. Einem einzelnen Trend folgen hieße, sich anzupassen. Wer will das schon? In der Mode geht es momentan eher ums Auffallen um jeden Preis. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Preise der großen Labels sind in einem Maße gestiegen, dass es einem Normalverdiener kaum möglich ist, sich ein Teil, geschweige den einen ganzen Look, zu gönnen. Accessoires sind denn auch die wichtigsten Umsatzbringer. Ein paar Schuhe, eine Tasche, vielleicht wenigstens Handschuhe, sind gerade noch erschwinglich. Aber auch nicht immer. Hohe Preise sind nicht unbedingt ein Zeichen besonderer Qualität, aber durchaus eine Möglichkeit sozialer Abgrenzung. Zu einer bestimmten Clique gehört nur, wer sich die angesagten Labels leisten kann. Kein Wunder, dass große Logos plötzlich nicht mehr peinlich, sondern angesagt sind. Man zeigt, was man hat. Logomania ist definitiv ein Trend. Genauso wie der schlechte Geschmack der 80er Jahre und der Mix möglichst vieler konkurrierender Muster. Sportswear, Sneaker, Sweatshirts bleiben trendy, und die Rocksäume werden tendenziell länger, taillenbetonte Hosen und weitere Silhouetten beweisen modische Up-to-Dateheit.

Extrovertiertheit scheint gut in unsere aufgeregten Zeiten zu passen.

 

 

Am Ende kommt es aber auf das individuelle Styling an. So etwas wie Stilbewusstsein, klassischer guter Geschmack à la Jackie Kennedy, taucht nur noch als ironisches Zitat auf. Das Schrille der Looks, die Extrovertiertheit der Fotos, die Fashionistas auf Instagram posten, scheinen gut in unsere aufgeregten Zeiten zu passen. Aber spüren wir nicht alle auch ein Bedürfnis nach Ruhe und Unaufgeregtheit? Ist das nicht ein Trend, dem die Mode als Zeitgeistbarometer Tribut zollen sollte? Die letzten Couture-Schauen taten das. Und die Couture ist immer noch das Labor der Mode. Vieles, was da gezeigt wird, findet sich später auch in den Prêt-à-porter-Schauen wieder. Die Couture Schauen waren oft an Extravaganz nicht zu überbieten. Diesmal hatten sich viele einer fast biederen Eleganz verschrieben. Wie schön! Könnte sein, dass das der wahre Trend ist. Aber erst übernächste Saison.